S74
Ein Wort iiber die Schillerstiftung.
Wir haben' über diese Angelegenheit bisher geschwiegen. Aus einem unklaren Dränge hervorgegangen, nicht frei von unreinen Elementen, in seinen Zwecken schwer zu »versehn, wandte sich das Unternehmen doch an eine gute und sehr berechtigte Seite des deutschen Gemüths; ja, es bezog sich auf ein Bedürfniß, das, wenn auch nicht in dem angegebenen Maße, doch wirklich vorhanden war. Es hat gegenwärtig einen Umfang gewonnen, den die ersten Anreger wol selber nicht geahnt haben — wir meinen damit die sogenannte „National-Lottcrie" — und es ist die höchste Zeit, daß die Nation, welche zu demselben beisteuert, einmal erfahrt, zu welchem Zweck? Die Stiftungen selbst haben freilich einen Zweck angegeben; was mit dem Ertrag der Lotterie gemacht werden soll, ist unsers Wissen bisher nur Einem bekannt.
Jakob Grimm hat in seiner Rede auf Schiller über die Stiftung ein sehr hartes Urtheil gefällt. „Der Gedanke ist matt und unbestimmt oder unbeholfen. Wozu auf diesen glänzenden Namen gegründet eine Armeuanstalt für mittelmüßige Schriftsteller, für Dichterlinge, denen von aller Poesie abzurathcn besser wäre als sie noch aufzumuntern? Wol Mühe haben sollen die Verwaltungsräthc, öffentlich Rechnung ablegend zu rechtfertigen, wer ihrer Wohlthaten nach Verdienst theilhaftig geworden sei. Aufkeimende wirkliche Talente sind eben meistcnthcils unbcdürstig, und jede reiche Begabung macht heutzutage, wie ihr Ruf wächst, sich selber Luft. Wahrer Dürftigkeit bcizuspringcn an rechter Stelle und zu guter Stunde stehn immer fühlende Herzen bereit."
In der Hauptsache ist das richtig, aber eins scheint Grimm übersetzn zu haben. Es handelt sich nicht sowol um die Unterstützung „aufkeimender Talente", sondern um die Unterstützung von Dichtern, die bereits etwas geleistet haben, und arbeitsunfähig geworden sind; sei's durch Krankheit, durch Alter oder auch — durch den Tod. Wol werden fühlende Herzen immer bereit sein, hier einzugreifen; aber es gibt noch etwas anderes: diesen Dichtern gegenüber hat die Nation eine Ehrenschuld. Verdienst und Bedürfniß gehörig zu constatiren, wird immer sehr schwierig sein; hier und dort ein Mißbrauch kaum zu vermeiden; aber damit ist die Idee selbst noch nicht widerlegt. Und was schadet am Ende ei» gelegentlicher Mißbrauch, wenn er den richtigen Gebrauch nicht ausschließt?
Freilich darf er nicht zur Regel werden; und da die Sache einmal National- sachc geworden ist, so hat auch jeder nach seinen Kräften dafür zu sorge», daß die gut gemeinte Unternehmung nicht geradezu eine schädliche, ja verderbliche Richtung nehme. Wie nahe diese Gefahr liegt, ist uns durch einen kurzen öffentlichen Briefwechsel deutlich geworden, den wir aus verschiedenen Blättern hier mittheile». '
„Hamburger Blätter bringen die Nachricht, daß Gutzkow in seinem Zauberer von Rom an mir einen geistigen Diebstahl begangen habe. Vielseitig wird dies Factum bezweifelt und mißdeutet. Dies zwingt mich zu der Erklärung! daß Gutzkow allerdings in seinem Romane aus meinen noch ungedrucktc», vor sieben Jahren von ihm gelesenen Memoirm mehrere Charaktere und Situationen entlehnt hat; daß er mir selbst brieflich zugesteht, er sei in seinem Romane „nahe an meine