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Geschäft übernommen; ihre Note vom 19. März enthält alles, was darüber zu sagen ist; sie beweist mit den schlageudsten Gründen, daß die Abtretung Savoycns an Frankreich ohne Einwilligung der Eidgenossenschaft ein flagranter Brnch des Völkerrechts sei. Die Eidgenossenschaft scheint aber nicht gesonnen zu sein, ihr offenbares Reckt, die neutralisirtcn Distrikte Savoycns militärisch zu besetzen, vor dem Einmarsch der Franzosen in Ausübung zu bringen; und nach demselben wird es nicht gehen. Es wäre thöricht, von einem kleinen Staat einen Heroismus zu fordern, der de» großen abgeht; hätte die Schweiz aber diesen Heroismus gehabt, so wäre vielleicht damit der Zukunft Europas eine andere Wendung gegeben: eine» factischen Widerstand hätten die Großmächte nicht im Stich lassen können. Wie die Sache jetzt steht, halten sich Oestreich und Rußland zurück, und Preußen blos im Verein mit England würde es schwerlich unternehmen, den Protest bis zu einem Angriffskriege gegen Frankreich zu treiben; am wenigsten in der innern Krisis, in der es jetzt begriffen ist.
So rüthsclhaft die französische Politik aussieht, so können wir doch Einiges mit Bestimmtheit aus ihr entnehmen. — Unzweifelhaft wäre es Napoleon lieber gc- Wesen, wenn Toseana nicht an Sardinien gefallen wäre. Unzweifelhaft hätte er es hindern können, denn Sardinien würde keinen Bundesgenossen gefunden haben. Unzweifelhaft würde er sich damit Oestreich geneigt gemacht haben, auch in dem Fall, wenn er seinen Vetter nach Florenz geschickt hätte; denn jedes Sardinien angethane Herzeleid würde Oestreich entzückt haben. Er hat es nicht gethan; er hat Sardinien gewähren lassen; ja wir gehn noch weiter: trotz der weisen Lehren, die er am 24. Februar Sardinien ertheilt: ein Staat dürfe sich nicht über das Maß seiner organischen Kräfte hinaus vergrößern, um nicht feinen Schwerpunkt zu verlieren und der Revolution anheim zu fallen; trotz dieser weisen Lehren— die freilich auf Tosccma keine Anwendung fanden, die aber Sardinien jetzt sehr ernstlich beherzigen sollte, wo jeder Schritt über die gegenwärtigen Grenzen hinaus in der That den Organismus des Staats verrücken würde — scheint er im Stillen de n getreuen Bundesgenossen, mit dem er wieder auf dem brstcn Fuß steht, gegen Venctien und die Marken aufzureizen; freilich so, daß er selbst die Hände frei behält. Zugleich hat die Gährung in Neapel eine Stärke angenommen, daß dies Land für Murat oder sonst einen reif ist. Das alles sind keine Freundschaftssymptome für Oestreich. — Was hat der Kaiser sür einen Zweck dabei? Ohne weiteres einen Angriff auf den Rhein zu unternehmen, solange die Gefahr einer deutsch-europäischen Koalition vorhanden ist, wird er vermeiden. — Entweder denkt er daran, Oestreich durch Sardinien in Schach zn halten, um sich während eines Rheinkriegs seine Neutralität zu sichern; oder er will durch Zertrümmerung Oestreichs sich die Hilsc Rußlands erkaufen. Vielleicht hat er noch einen dritten Gedanken. Vielleicht denkt er an die Möglichkeit, die Rheinprvvinz auf eine ähnliche Weise zu erwerben wie Savoyen. Vielleicht hat er grade darum Sardinien geschont; denn es ist nicht zu leugnen, die Kosten des Feldzugs sind für diesen Staat reichlich ersetzt, er ist um das dreifache vergrößert, und es hängt nur vou der Negierung ab, ohne Ausdehnung über seiue gegenwärtigen Grenzen als nationaler Staat seine innere Kraft zu verzehnfachen.
Natürlich würde dieser letzte Gedanke, wenn er vorhanden sein sollte, au der betreffenden Stelle die gebührende verächtliche Abweisung finden. — Aber wir wollten