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Neurussische Städte. 2. : Cherson.
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besorgt, die Einrichtung der Conversationssäle und Spielzimmer ist geschmack­voll, ohne gerade glänzend zu sein. Das Lesezimmer ist der vernachlässigtste Theil, es sind darin nur ein paar russische Zeitungen zu finden. Jeder Adels­club hält streng aus seine Absonderung; von dem Tschin (der Bureaukratie) ist die siebente Classe, die der Hofräthe, die letzte, welche mit einigem Auslande sich zur Theilnahme berechtigt halten darf. Die Hauptunter­haltung ist, wie bekannt.' das Spiel, und zwar ein Spiel, wie es nur in Rußland vorkommen kann. Einen sehr unschuldigen Beitrag dazu kann ich aus eigner Erfahrung mittheilen. Ein sehr liebenswürdiger junger Edelmann mit deutschem Namen, proponirte mir eine Partie Billard; ich nahm sie an, frug aber glücklicherweise, um welchen Satz?Nun um den gewöhnlichen." Und wie hoch ist der gewöhnliche Satz?"Hundert Rubel." Ver­bindlich dankend legte ich mein Queue auf die Tafel. Aber wir spielten dennoch und zwar um Nichts. Daß der Champagner in Strömen floß, braucht wol kaum erwähnt zu werden, der russische Adel kennt ja keinen andern Wein. Es war eine lustige Nacht; ich werde ihrer lange gedenken. Zu einem der Herren am Spieltisch trat plötzlich ein Diener und flüsterte ihm einige Worte ins Ohr. Er sprang in die Höhe und ein grauer Schatten.lief über sein Gesicht. Die Heuschrecken waren gekommen und hatten seine ganze Ernte vernichtet und diese Ernte hatte er soeben im Voraus verspielt. Einerlei, Champagner her, es gilt die nächstjährige Ernte!

Ein Streiszng in Livlmid.

Aus Riga.

Es war am Morgen eines noch ganz winterlichen Märztages, als ich auf einem längeren Ausfluge von Riga aus begriffen von Dorpat ausbrach, um auch einmal die kleineren und kleinsten Städte, insbesondere Fellin und Per- nau kennen zu lernen. Neben mir in der geräumigen, bequemen Kibitke saß ein junger Pädagog, der nach eben beendigtem Universitätstursus seine ersten Experimente in der Erziehnngskunst an den Sprößlingen irgend eines Magnaten im westlichen Livland beginnen wollte. Mit Wehmuth verließen wir beide die freundliche Musenstadt: mein Begleiter, weil ihm der Abschied von seinen

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