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maßregeln. Dieser wackere Apostel der Humanität besiegelte sein Streben durch seinen Tod, er starb am 20, Januar 1790 in der jungen Stadt Cherson an der Pest, deren Studium ihn dahin getrieben hatte.
Das Herz von Cherson, in das alle Adern der Stadt und des ganzen Umlandes einmünden, ist der Hafen, Zwar bietet derselbe keine imposanten Bauten, der Dniepr ist hier nicht sonderlich breit, sehr seicht und sieht in seiner Stagnation einem Sumpf ähnlicher, wie einem der drei großen Strome Rußlands — nichts destoweniger ist der Verkehr hier ein ganz außerordentlicher, und namentlich der Fremde wird in diesem Gewühl so viele Anziehungspunkte finden, daß er sich nicht so bald davon trennen mag. Besonders bunt gestaltet sich der Anblick Abends, wenn die Fischer aus dem Liman. die Bauern aus den Feldern, die Arbeiter aus deu Mühlen und Fabriken heimkehren und die bis zum Bord vollgcdrängten Fähren unaufhörlich den Strom kreuzen. Tausende stehen und gehen auf dem Landungsplatz, fröhliches Lachen, Jauchzen, Singen schallt durch die Luft; dazwischen der helle Schrei einer erschreckten Dirne und die Glocke, die zu neuer Abfahrt ruft. Oder auch an Markttagen, wenn von weit und breit her die Gutsbesitzer und Bauern in die Stadt kommen, um einen oder ein paar Tage lustig zu leben und für viele Monde lang den Bedarf des Hauses einzukaufen. Dann hat sich der ganze Quai in eine Zeltstadt verwandelt und der Strom selber ist zum Markt geworden. Dicht an einander, Bord an Bord, die stumpfen Kiele tief in den Uferschlamm ge. bohrt, liegen hier längs dem Haupttrottoir, das für die Fußgänger bestimmt ist, die Dnieprlodkeu, gewaltige Kähne, gleich schwimmenden Häusern oder Archen. Blos in den zwei Monaten Juli und August kommen sie den Strom herabgeschwommen. Wie der Ansiedler am Mississippi oder Missouri alljährlich mit dem Flachboot hinuntertreibt nach New-Orienns, daselbst Schiff und Ladung verkauft und dann mit dem Dampfer und dem Gelde zurückfliegt, so macht es der Waldbcsitzer. der Händler, der Speculant am oberen Dniepr, nur mit dem Unterschied, baß er zu Fuß oder im Wagen zurückkehrt. Alljährlich baut er eine plumpe, ungefüge Lodt'a, die nur mit dem Strome zu schwimmen geschickt und daher nicht im Stande ist, die Reise mehr als einmal zu machen- die Rippen, Planten, kurz alle Theile des Fahrzeugs sind derartig const>nirt uud behanen, daß sie leicht unbeschädigt auseinander genommen und zu andern Zwecken verwendet werden können. Das Schiff wird beladen mit allen nur möglichen Producteu des Landes, der Eigner mit Kind und Gefind vertraut sich ihm an und gelangt auch ohne weitere Kenntniß von Schifffahrt gewöhnlich glücklich nach Cherson. Hier und da bleibt einmal eine Lodka auf einer Sandbank sitzen, aber ohne größeren Schaden, die .Waaren werden größtentheils gerettet. Mit Hilse der Hafenknechte drängt sich das Ungethüm zwischen die andern seines Gleichen, dicht an den Kai, und