Von der preußischen Grenze.
Geschichte der deutschen Politik unter dem Einfluß des italienischen Krieges, Eine Kritik, Berlin, Weidmann.
Keine von den zahlreichen Flugschristen, die wir im Lauf des vergangenen Jahres erwähnt haben, entspricht so ganz unsern eigenen Anschauungen und Schlüssen als die vorliegende, sowohl was die Kritik des Geschehenen als die Ausficht iu die Zukunft betrifft. Nur in einem Puukt weicheu nur von dein Verfasser ab: er sucht in der Handlungsweise der östreichischen Regierung noch immer mehr Zusammenhang als wirklich darin zu finden ist. Das Blaubuch muß auch dcu Kurzsichtigsten davon überzeugen, daß hier immer nur theils allgemeine Doctriuen uud Vorurtheile, theils zufällige Impulse des Augenblicks maßgebend waren. Wo es darauf ankommt, mit Berücksichtigung der obwaltenden Umstände, was man will und was man nicht will, klar und bestimmt anzugeben, hält Graf Rechberg, der in allen Punkten Met- ternich zu copiren sucht, eiuen vielleicht wissenschaftlichen, aber jedenfalls weitschweifigen Vortrag über das Princip der Legitimität, und wenn das Pu- blicum mitunter die Beschämung hatte, sich über den wahren Sinn eines Moniteur-Artikels zu täuschen, so erlebt es jetzt die Genugthuung, daß es dem ersten Minister einer europäischen Großmacht nicht anders gegangen ist. Graf Rechberg ist nie genau davon unterrichtet, was der Gegner oder was sonst Jemand will, er gibt sich auch nicht die Mühe, sich mit den Andern zu verständigen, sie für seine Zwecke zu gewinnen, sondern es kommt ihm lediglich darauf au, in den Formen die Würde des großen Hauses, dem er dient, zu wahren, ganz in der Weise eines Habsburger Diplomaten des siebzehnten Jahrhunderts. Wenn er nur seiue vornehme Haltung nicht verliert, so ist ihm alles Uebrige Nebensache. Eme solche Neigung kann nur zu eiuer scheinbaren Consequenz führen, und wenn man sich nachträglich bemüht, in den fortwährenden Widersprüchen des östreichischen Cabincts irgend einen geheimen Leitfaden 'zu eutdeckeu, so wird damit dem östreichischen Staatsmann zu viel aufgebürdet. Vornehme Herren sind mehr daran gewöhnt, zu fordern als zu arbeiten, sie sind in ihren Forderungeu streng und gebieterisch, wenn mau ihnen aber zufällig nicht gehorcht, so hüllen sie sich in die Toga Grenzlwten I. 1S60, 46