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der Zurückziehung seiner Truppen aus Rom erwidern, und er könnte dann die Wiederaufrichtung der gallikcmischen Kirche folgen lassen. Das weiß man im Vatican, und wohl nicht erst aus dem Constitutionnel. der vor Kurzem das Gespenst über dem Horizont aufsteigen ließ.
„Der Papst hat in weltlichen Angelegenheiten über Fürsten und Könige gar keine Gewalt, er kann deren Unterthanen nicht vom Gehorsam gegen dieselben lossprechen. Er ist den Beschlüssen eines allgemeinen Concils unter, worfen. Seine Gewalt wird durch die in Frankreich allgemein anerkannten Satzungen des Reichs und der Kirche beschränkt. Auch im Glauben ist seine Entscheidung nicht unabänderlich."
So lauten die vier Artikel der gallikcmischen Kirche, und wir glauben, daß sie einen Bannstrahl Roms in unsrer Zeit vollkommen aufwiegen, und daß man sich in der ewigen Stadt hüten wird, durch ernste Feindseligkeiten gegen Frankreich außer der ohnedieß Verlornen weltlichen Provinz auch noch die größte geistliche zu verlieren.
Der Bundestag und Kurhessen.
Kurfürst Wilhelm der Erste von Hessen zahlte zwar ungern, sparte desto lieber; aber er regierte gerecht, er achtete wie Friedrich der Große das Recht Anderer und hielt selbst die bestehenden Gesetze. Dabei hatte und zeigte er wahres Interesse, wahre Liebe zu seinem Volke. Einen Beweis hierfür lieferte er dadurch, daß er aus freiem Antriebe den Entschluß faßte, seinem Lande eine freisinnige Verfassung zu geben, und daß er auf die Vorstellung seiner Umgebung, das Land begehre eine solche nicht, da es mit seiner Regierung zufrieden sei, antwortete: „Das ist schon gut und schön, oberes kommen doch Andere nack mir." So blieb es denn damals 1816 beim EntWurfe einer Landesverfassung und erschien nur 1817 ein Haus- und Staatsgesetz, welches einzelne staatsrechtliche Bestimmungen festsetzte. Und es kamen Andere nach Kurfürst Wilhelm dem Ersten, dem Landesvater. Kurfürst Wilhelm der Zweite folgte ihm in der Regierung. Unter ihm stellte sich das Verhältniß anders: das Volk fühlte das dringende Bedürfniß nach einer festen Staatsnorm, und trug nm 15. Sept. 1830 dem Regenten durch eine Deputation, an deren Spitze der allverehrte Schomberg stand, seine Wünsche vor, und fand Gehör. So kam die Verfassungsurkunde vom 5. Jan.
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