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Feldmarschall Fürst von Ligne.
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gehört, obgleich selber kein Franzose, ganz dieser französischen Bildung an. Er ist von belgischer Herkunft und hat sein langes Leben in östreichischen Diensten zugebracht. 1735 geboren, hat er ein Alter von 80 Jahren erreicht. Nach dem siebenjährigen Krieg wurde er von seinem Hof nach Paris geschickt, machte Reisen durch England, Italien, die Schweiz, war auch bei Friedrich dem Großen als geistvoller Plauderer gern gesehen, nahm dann am baierschen Erbfolgekrieg Theil und kehrte wieder nach Paris zurück, wo er der vertraute Freund der Königin Marie Antoinette war. Dann schickte man ihn nach Ruß­land, die Kaiserin, die er immer als La-tnörius 1s M-anä bezeichnet, machte ihn zu ihrem Günstling, er begleitete sie nach der Krim und focht sür sie gegen die Türken. Eine Zeit lang spielte er auch eine kleine politische Rolle, er nahm an den Stünden von Hennegau Theil. In die Revolution konnte er sich nicht finden, sie hatte für ihn keinen Sinn. Es verdroß ihn, daß der Adel und mit ihm die Parlamente den Geist der Fronde fortsetzten, und wenn diese Art von muthwilliger Opposition endlich zum Umsturz des Staats führte, so schob er die Schuld hauptsächlich auf die Schwäche des Hofes. Uebngens blieb er unbefangen genug, die Vorzüge der Franzosen auch da noch anzu­erkennen, als sie ihm in einer verhaßten Form entgegentraten: lesenswerth sind na­mentlich seine Bemerkungen über das Militär zur Zeit der Revolution. Nach dieser Zeit zog er sich ins Privatlebeu zurück, lebte stets im Kreise der glän­zendsten und geistvollsten Gesellschaft und verschmähte auch noch als alter Herr nicht, jungen Damen den Hof zu machen, gleichviel welchem Stande sie an­gehörten. Varnhagen erzählt davon einige recht spaßhafte Züge.

Der Fürst war, wie alle seine Bekannten bezeugen, nicht blos ein liebens­würdiger, geistvoller und gutherziger, sondern auch ein guter und edler Mensch, und wenn er im Sinn seines Zeitalters der epikureischen Philosophie huldigte und für dieselbe in seinen kleinen Schriften ebenso Propaganda machte, wie er sie als Lebensvirtuose ausübte, so geschah das mit dem Vorbehalt, daß der wahre Genuß nur der Güte des Herzens möglich sei. Sein Glaubens­bekenntniß spricht er am vollständigsten in einem kleinen Aufsatz aus, der an der Spitze seiner Schriften steht: I,e xg-iMt egoiste. Dieser vollständige Egoist bezeichnet ebenso sein eignes Ideal wie bei Friedrich Gagern derMann der That". Sein Egoismus besteht darin, daß er nur vergnügte Gesichter um sich sehen will: er macht das Glück aller seiner Umgebungen, lebt nur sür die Seinigen, weil nur das ihn zufrieden macht, ja er opfert sich endlich für dieselben auf, weil es ihm unbequem wäre, sie untergehen zu sehen. In diesem allerliebsten Gemälde ist nur ein Zug, der uns auffällt. Ein Bedienter meldet ihm einmal, daß seine Frau häufig Besuche von einem gewissen Herrn em­pfängt; zuletzt merkt er, was alle Welt merkt, aberer läßt sich nichts merken.' Das wiederholt sich noch mit ein Paar Herrn, aber weil die Dame sieht, daß