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ein Mann auftritt, dcr sich durch seine historischen Schriften, durch Vertheidigung des formulirtcn protestantischen Kirchenbekenntnisses gegen alle rationalistische» Neuerungen und durch seine rhetorischen Ergüsse über die Aufgaben der Gymnasien als der Pflegestütte einer acht conservativ-historischen Bildung und Erziehung bei seinen Parteigenossen einen großen Namen erworben hat; wenn ein solcher Mann in hoher kirchlicher Stellung, freilich sich gleichzeitig auch als Prophet und Exorcist gcbährdend. auftritt und verkündet, daß die Kirche, deren Leiter er ist, nicht, wie sich dieselbe bis auf ihn fälschlich „fest eingebildet" habe- der ciuen der beiden großen Parteien des Protestantismus zuzuzählen sei. sondern gerade der andern, von der sie seit Jahrhunderten als eine treulose 'Schwester behandelt worden ist: so wird man hiervon nicht sagen können, daß dieses conscquent gedacht sei, wenn man auch einem solchen Fündlein daö Prädicat eines zweckmäßig ersonnenen und pfiffig erdachten beilegen mag> Das aber hat Vilmar, der sich auf seine historische Bildung und cvnservative Gesinnung und Lebensrichtung so viel zugute weiß, gethan, als er die rcfor- mirte niederhcssische Kirche für eine lutherische ausgab und dieser Unwahrheit zu Liebe der niederhessischcn Kirche rcformirte Vekenntnißschriften, die im Schulgebrauche waren, wegnehmen ließ, und lutherische nn ihre Stelle einschob. Wenn das nicht für die ächt geschichtliche, cvnservative Nichtnng des Herr» Vilmar ein gutes Zeugniß ist, so kann es kein besseres geben!
Man begreift eS nicht, wie ein Mann sich und seinen oft genug wiederholten Phrasen von dem guten Recht dcr Kirche an ihren symbolischen Büchern so ins Gesicht schlagen konnte, wenn man nicht den Grundgedanken seines kirchlichen Systems fest ins Auge saßt, und dann sieht, wie zu dessen Durchführung alle Mittel dienen müssen und alles, was Widerstand leisten konnte, mit brutaler Gewalt bei Seite geworfen wird. Hierzu kommt, daß Vilmar ein gutes Erbtheil nn schwer zu bändigender, roher Naturkraft von Hanse a»S mitbekommen hat, und sich von den zähinenden uud sänftigcnden Fesseln eineS evangelischen Christenthums frei zuhalten weiß. Dasselbe wüste Pathos, das thu früher zn dem enragirtesten Burschenschaftler machte, entladet sich i^'t im Dienste des Herrn Zebaoth mit derselben Gewaltsamkeit und Nohheit wie früher, nur daß jetzt nicht seine Schläge aus die Häupter Israels, sondern auf Philistäas^ Schädel fallen. Von der christlichen Sanftmuth, von der Friedfertigkeit, von dcr Milde, von dcr Liebe, die nicht das Ihre sucht, wird man an einer solchen Stelle nicht viel bemerken. Ist doch auch das Maßhalten die vornehmste heidnische Tugend und jede Art der Vermittlung vc'M Uebel. Denn es gibt kein Abkommen zwischen Licht und Finsterniß, zwischen Christus und Belial. und wer weder kalt noch warm ist. den wird der He"' ansspeicn aus seinem Muude. Zu Boden die falschen Gohcn des Zeitgeistes- mögen mich einige arme Gerechte gelegentlich dabei erschlagen werden, ^ der