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habe, um nicht vom Winde weggeweht zu werden; so gab es sogar bald Leute, die eigne Kästen oder Futterale dazu benutzten, um bei Findelkindern, die sie zu sich nahmen, das Wachsthum zu hemmen und so künstliche Zwerge zu erzeugen!
Natürlich gibt auch bei den römischen Kaisern die größere oder geringere Neigung zu dieser Art twn Belustigung einen Maßstab zu ihrer Beurtheilung mit ab. Unter den Machthabern, die als Vorgänger der Imperatoren gelten können, fand der Dictator Sulla so großes Vergnügen an dieser Menschenklasse, daß er ihnen sogar Staatsländereien zum Geschenk gemacht haben soll. Während dann Augustus mehr Gefallen an wohlgebildctcn. durch Naivetät und Witz ausgezeichneten kleinen Knaben, als an Mißgeburten und niedrigen Possenreißern fand und lustige Erzähler nur zuweilen zum Vertreiben der Schlaflosigkeit benutzte, waren in seines Nachfolgers Umgebung Zotenreißer und Narren der gewöhnlichsten Art. Am Hofe des halbverrückten Caligula herrschte ebenfalls große Narrenfreiheit. Vorzüglich richten die Schranzen ihre Angriffe auf den unbeholfenen, beschränkten Oheim des Tyrannen, den nachmaligen Kaiser Claudius. Wenn derselbe nach Tisch eingeschlummert war, warfen sie ihn mit Oliven- und Dattelkernen; bisweilen weckten sie ihn auch durch Nuthcnschläge auf. nachdem sie vorher - seine Hände beschuht hatten, damit er sich beim plötzlichen Erwachen mit ihnen ins Gesicht fahren sollte. Vespasian, ein Freund von Wortspielen und derben Späßen, verschmähte die Possenreißer nicht; und Domitian hatte selbst während der öffentlichen Spiele zu seinen Füßen einen in Scharlach gekleideten Zwerg stehen, mit dem er sich sogar über Regierungsgcschäfte unterhielt und ließ Weiber und Zwerge mit einander kämpfen. Von Commodus sagt Herodian. daß unter ihm jeder Vernünftige und wissenschaftlich Gebildete als geheimer Feind des Hofes verfolgt worden'sei, und daß Possenreißer und Mimen den Kaiser ganz in ihrer Gewalt hatten. Sein Nachfolger Pertinax schaffte sie ab und nahm ihnen den größten Theil ihrer Reichthümer wieder. Außer Gallienus, der stets an einem zweiten Tische eine Gesellschaft Lustigmacher neben sich speise ließ, sei endlich nur noch Heliogabal erwähnt. Er fand seine größte Lust daran, seine Parasiten zu foppen und zu quälen. Sehr oft ließ er ihnen dieselben leckeren Gerichte, welche er verspeiste, in Wachs, Thon oder Glas nachgebildet vorsetzen, oder sperrte sie, wenn sie trunken waren, des Nachts mit zahmen Löwen. Tigern oder Bären zusammen in ein Schlafgemach. Dann setzte er sie aus Windpolster und freute sich, wenn durch schnelles Aufblasen derselben die Schmarotzer unter den Tisch flogen. Zuweilen öffnete sich "uH über dem Tische die bewegliche Decke und überschüttete die darunter Sitzenden mit einer solchen Masse von Blumen aller Art, daß einige erstickt sein sollen.