230
Neue Arbeiten auf dem Gebiet der deutschen Geschichte.
Von den höchst ehrenwerthen Bestrebungen des Königs von Bayern, deutsche Wissenschaft und Kunst zu Pflegen, werden wol diejenigen den nachhaltigsten Erfolg haben, die sich auf die Forschungen in deutscher Geschichte beziehen. Die bedeutendsten Kräfte des Vaterlandes sind zu schönem Wetteifer versammelt, die Leitung ist in den besten Händen, und. >was die Hauptsache ist. das Unternehmen ist von der Art, daß es nur durch Concentration von Kräften und durch Methode in der Arbeit gedeihen kann. Alles was sich auf die Sammlung und Anordnung des Materials bezieht, verlangt das Ineinandergreifen aller monographischen Beschäftigungen; verlangt jene Aufsicht, die nur von den höchsten Kennern ausgehn kann. Sybel's „historischer Zeilschrift" wird es, gerade weil sie sich in der Mitte zwischen strenger Forschung und Darstellung hält, gelingen, auch den größeren Kreis des „gebildeten Publicums" für diese Unternehmungen zu gewinnen, und ihm Respect vor einer Gelehrsamkeit einzuflößen, die ihm in so stattlicher und doch zugleich anziehender Erscheinung entgegentritt.
Die Forschung verlangt schulmäßige Arbeit, anders ist es mit der Geschichtschreibung beschaffen, insofern man sie vom künstlerischen Standpunkt betrachtet. Die Kunst gedeiht in allen Zweigen nur durch individuelle Thätigkeit, und nicht immer sind diejenigen Perioden, die sich durch den Ernst und die Folgerichtigkeit der Arbeit auszeichnen, reich an eigentlichen Schöpfungen-
Auf dem Gebiet der deutschen Geschichte ist die Geschichte der preußischen Politik von I. G. Droysen (Zweiter Theil, die territoriale Zeit- Zweite Abtheilung, Leipzig, Veit) die hervorragendste Leistung. Die Berufung des Verfassers nach Berlin ist wieder eines von den erfreulichen Zeichen, daß die neue Regierung ihren Beruf nicht bloß in politischer Beziehung, s""' der» auch in Rücksicht auf das allgemeine geistige Leben richtig ins Au^ saßt. Zwar ist eine Centralisation, wie sie in Frankreich stattfindet, bei uns weder denkbar noch wünschenswerth. Der rühmliche Wetteifer zwischen den verschiedenen Universitäten und Höfen, soviel als möglich von den geistigen Kräften an sich zu ziehen, hat in unsrer Literatur sehr viel Gutes gewirkt und namentlich dazu beigetragen, daß in allen Theilen des Vaterlandes sich e>" unabhängiges geistiges Leben erhielt. Aber diese Selbstständigkeit der Pr"' vinzen ist keineswegs unvereinbar mit dem Aufblühen einer Hauptstodt, i" welcher sich gleichsam die Strahlen der verschiedenen Richtungen begegnen- Etwas der Art faßte die preußische Regierung bereits ins Auge, als sie nun beinahe 50 Jahren die Berliner Universität gründete, damals ein hoch" gewagtes Unternehmen, weil sogar die Existenz Preußens in Frage zu fle^