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Schillerliteratur.
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Schillerliteratur.

Unter den Festgaben zum Andenken Schillers bleibt die bildende Kunst nicht zurück; wir wollen hier einige der wichtigsten Beiträge verzeichnen.

AlsFestgabe zu Schillers hundertjährigem Geburtstag" erscheint in Stuttgart bei Göpel, gestochen von Dcrtigcr, ein Portrait des jugendlichen Schiller, angeblich von 1780, die Copie eines Originalgemäldcs im Besitz des Hrn. Friedrich. Es wurde zuerst dem Historienmaler Nie. Guibai (gest. 1784) zugeschrieben; daß es von diesem nicht herrühren kann, ist jetzt nachgewiesen, und die Stimmen der meisten Kunstkenner sprechen sich für PH. Kr. Hetsch aus, Schillers Mitschüler auf der Kunstakademie, später Galcricdirector in Stuttgart. Es wäre sehr erfreulich, wenn auch nur die Zeit genau bestimmt werden könnte; das Original kennen wir nicht; der (übrigens trefflich ausgeführte) Stich läßt kaum auf einen zwanzigjährigen Jüngling Vermuthen. Das Gesicht ist sehr bedeutend: weicht aber nicht wenig von den bekannteren Portraits ab.

Schillcrfeier. Eine Sammlung von Portraits und Ansichten zu Schillers Leben und Werken. Leipzig, Baumgärtncr. Die Sammlung enthält (gestochen von A. Wcger) die Portraits von Schiller, Schillers Vater, Mutter und Schwester Nanctte durchweg höchst interessante Physiognomien; Charlotte v. Kalb (das be­kannte Miniaturbild, das ihr unmöglich ähnlich gesehn hat, wenn sie nicht etwa noch Kind gewesen ist); Körner (ein herrlicher Kopf, gemalt von Graff, gestochen von Sichling); die Herzogin Amalia (von Angelika Kauffmann) und Schillers Todtcnmaske; außerdem eine Zahl von Schillerhäusern und einige Kors ä'oeuvröS. Das Ganze ist eine scköne Festgabe.

Schiller-Galeric. Charaktere aus Schillers Werken, gezeichnet von Fried­rich Pccht und Arthur v. Ramberg. In Stahl gestochen von Flcischmann, Froer, Geyer, Goldbcrg, Gonzcnbach, Jaquemot. Lämmcl, Merz, Preiset, Raab, Ros- dof, Schultheiß. Sichling u. a. Mit erläuterndem Text von Fr. Pccht. Fünf­zig Blätter in Stahlstich nebst fünfundzwanzig Bogen Text. Leipzig, Brockhaus. Diese glänzend ausgestattete Festgabe trägt einen freien künstlerischen Charakter, auch die beiden Bildnisse, Schiller und Lotte, sind componirt, wenngleich nach Anleitung vorhandener Portraits. Die beiden Künstler haben sich bemüht, im Geist Schillers zu schaffen, und den Charakteren des Dichters einen plastischen Ausdruck zu geben. Wie weit ihnen das gelungen ist, darüber muß im einzelnen Fall die subjcctivc Empfindung entscheiden: übt doch in Gedanken jeder Leser Schillers eM ähnliches Werk aus, und findet in der wirklichen Anschauung das Bild seiner Phan­tasie mehr oder minder befriedigt. Der eine der beiden Künstler hat es übernommen, ihre Auffassung auch durch Reflexion zu unterstützen, und sehr zum Vortheil der Sammlung; denn seine Reflexionen sind geistvoll, sie sprechen von aufrichtiger Wahr­heitsliebe und tiefem Eindringen in den Sinn des Dichters, und versöhnen uns mit manchen malerischen Einfällen, an denen wir zuerst Anstoß nehmen. Nur gegen eins müssen wir protestircn: historische Portraits müssen der Geschichte entsprechen, der Dichter mag nach Gefallen idealisircn, der Maler darf es nicht, am wenigsten be> einer bekannten Figur wie Philipp der Zweite. Ueberall empfindet man, daß man es mit echten Künstlern zu thun hat. > t