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volle Licht der Sonne wieder, athmet wieder reine Luft, erfreut sich wieder am Blau des Himmels, am Saatengrün und Vogelgesang, lauter Dingen, die ihm viel werther sind als dem oberirdischen Arbeiter. Endlich kommt er heim in seine Hütte, die Kinder springen ihm entgegen, die Frau reicht ihm froh die Hand. „So viel ich Bergleute beobachtet habe," sagt der Verfasser, „alle waren zärtliche Väter, viel zärtlicher als man gewöhnlich rauhe Arbeiter trifft. Selten sieht man einen verheiratheten Knappen am Feierabend vor der Thür sitzen, ohne daß er ein Kind auf dem Schoß hätte."
Der Bergmann des Erzgebirgs liebt die Vergnügungen. Das junge Volk tanzt, so oft es Polizei und Geldbeutel erlauben, aber mit weit mehr Anstand als die Bauersöhne vieler Gegenden. Ferner singen die jungem Knappen gern und viel, doch scheinen Singvereine, die kunstmäßigen Gesang erstreben, nur an wenigen Orten zu gedeihen. Eine Hauptsreude ist das Bergsest, wo es einen Schmaus und einen Aufzug in Staatsuniform gibt. Ueber Trunksucht der Bergleute hört man nirgend Klage. Ihre Unterhaltung beim Glase ist ernst und anständig, das Gespräch dreht sich in der Regel um unterirdische Angelegenheiten, oder Fragen des Haushaltes. Der Fremde fühlt sich angenehm berührt von den guten Sitten, dem Verstand und der Bildung der Leute. Die Schenke eines Bergmannsdorfes steht hoch über der eines Bauern« dorses.
Die Bergleute werden selten alt. Gliederfülle und rothe Wangen sind Seltenheiten unter ihnen. So sehr auch in den Gruben für Beseitigung der „schlechten Wetter" gesorgt wird.'so bleibt die Luft, die der Bergmann athmet, doch immer Grubenluft, und der Dunst, der von den Lampen aufsteigt, der feine Staub, der um die Bohrlöcher schwebt, der Pulverdampf, der die engen Gänge füllt, ist nicht geeignet, diesen Uebelstand zu verbessern. Die Entbehrung des Sonnenlichts, der häufige grelle Wechsel der Temperatur beim Ein- und Ausfahren, die nahe Berührung mit dem feuchten, tropfenden Gestein, besonders aber die anstrengende Arbeit bei schmaler Kost sind lauter Dinge- welche die Gesundheit schwer beeinträchtigen. Im Jahre 1856 wurden von der Gescnnmtzahl der erzgebirgischen Berg- und Hüttenleute (von ersten wiesen die Listen 11,581, von letzteren 1045 Nach) 1199 „bergfertige", d. h. invalide Arbeiter, also etwa der zehnte Theil, durch Almosen unterstützt,'und außerdem empfingen 2612 Witwen und 1852 Waisen milde Spenden. Nächst dem Soldaten- und dem Matrosenleben ist wol das Knappenleben das gesM' detste. Im genannten Jahre wurden neun Bergleute durch Unglücksfälle so' gleich getödtet. und 3097, also fast ein Viertel der Gesammtzahl. mußten wegen Verletzungen oder Erkrankungen ärztlich behandelt werden.
Es mag Wunder nehmen, daß ein so beschwerlicher und gefahrvoller BeM stets neue Freiwillige findet. Bei den Römern.war die Verurtheilung in die