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Aus Leipzig.
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geblieben, wie das in solchen Fällen immer geht, Abgesehn von Sebastian Bachs hoher Messe, die, vom Riedelschcn Gesangverein aufgeführtwol nur zufällig in diesen Zusammenhang eintrat, und dem brillant ausgeführten H-moll Duo sür Pianoforte und Violine von Franz Schubert sind nur Erzeugnisse der modernen Richtung aufgeführt, denn auch Schumanns Gcnoveva und Manfred-Ouvertüre kann mau in gewissem Sinn dazu rechnen. Den Mittelpunkt der Aufführungen bildete die Graner Festmesse" von Franz Liszt; daran schloß sichTasso", einesympho­nische Dichtung" desselben Komponisten, das Lied Loreleu und Klavierstücke; die Ouvertüre zu Richard Wagners Tristan und Isolde und ein Duett aus dem fliegenden Holländer;" eine Arie ausBcnvcnuto Cellini;" ein Trio von O. Bach (wenn wir recht berichtet sind, einem Bruder des östreichischen Ministers), ein Duo von Franz Berwald, und ein Quartett von Karl Müller, dem Meininger. Man ist sehr heiter gewesen, hat neue Bekanntschaften gemacht, attc erneut; Lisztö bekannte Liebenswürdigkeit hat wieder viele bczaubcrt, und er ist mit all den Ehren aufgenommen, die einem so hochbegabten Mann geziemen. Was die Mnsik betrifft, die man gehört hat, so ist man im Ganzen zweifelhaft geblieben, ob das Musik ist oder auch nicht zweifelhaft. Indeß wer sollte es strebsamen Künstlern ver­argen, da von den Anhängern der alten Musik wenig oder nichts geleistet wird, sich in ihrer Weise geltend zu machen? da sie doch im Grund niemand damit in den Weg treten. Für die conservativc Richtung deren Freunde auch wir sind bleibt jetzt der einzige Bcrus, in den classischen Ncichthnm unsrer guten Zeit immer ticscr einzudringen; wie redlich und verständnißvoll das geschieht, zeigen hinreichend die Bach- und Händclgcsellschasten; zeigen Institute wie das hiesige Gewandhaus unter Rietz und namentlich der Niedclschc Verein, dessen aufopfernder Thätigkeit das musikalische Leipzig für seine Bildung sehr ernsthaften Dank schuldig ist. Wenn neuerdings manches geschrieben und aufgeführt wird, was anders gebildete Ohren, eine anders angelegte Empfindung verlangt, so ist es am Ende eine genügende Re­action, demselben nicht beizuwohnen. Wenn Liszt in der Komposition keine gute Schule gibt, so hat er auf die Technik desto segensreicher gewirkt, wie z. B. die aus­gezeichneten Leistungen von Bülows bekunden.

Bei I. I. Weber ist eine gut geschriebene Skizze von L. H äusser:Karl Freiherr vom Stein", mit Porträt erschienen; der Ertrag ist für das Deukmal dieses großen Deutschen bestimmt; in der Darstellung spiegelt sich die Empfindung der Gegenwart.Wenn die Zeiten der Schande und Unterdrückung nicht wiederkehren, so ist das vor allem das unvergängliche Verdienst solcher Männer."

Unter den Gelegenheitsschriftcn zur Instruktion des Publicums zeichnen sich Lorcks Zeitheftc durch Vollständigkeit und besonnene Bearbeitung aus. Sie enthalten: Kaiser Franz Joseph und seine Feldherrn uud Staatsmänner; das Kriegs­theater in Obcritalien; politische Charaktere Italiens; undwie der Krieg entstand." Damit im Zusammenhang steht das im Ganzen sehr gut rcdigirtc biographische Lexikon der Gegenwart":Männer der Zeit" (Leipzig, Lorck), bis jetzt sechs Hefte.

Verantwortlicher Redacteur: v, Moritz Busch Verlag von F. L. Herbig

in Leipzig. Druck von C. E. Klbert in Leipzig.