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Ausblicke auf den Kriegsschauplatz.
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§. 6. Es wird angenommen, daß Graf Giulay so viel als Melas und Napoleon der Dritte so viel als der erste Consul gelte.

Ausgewechselt und unterschrieben 2c. :c.

R.

Von der preußischen Grenze.

6. Juni,

Alle sonstigen Reflexionen verstummen in diesem Augenblick vor der großen Thatsache: es ist vorgestern die erste Schlacht geschlagen. Zwar ist sie nicht entscheidend gewesen und wir sind entschieden geneigt, die im Moniteur angegebenen Zahlen ans Rechnung der französischen Windbeutelei zu schreiben; aber die Oestrcichcr sind ans Picmont gedrängt, die französische Armee überschreitet den Tessmo, Garibaldis Corps ist aus seiner bedrängten Lage befreit, Mailand ist kaum zu halten und weit früher als die schwärzeste Voraussicht es befürchtete, sieht sich die östreichische Armee auf die Minciolinic angewiesen. Dieses Resultat erlaubt und fordert einen Rück­schluß auf das Verfahren Oestreichs bei dem Ultimatum an Picmont, womit der Krieg begonnen wurde.

Große, kühne und durchgreifende Entschlüsse, bei denen man die Scheide weg­wirft, können sich nur durch den Erfolg rechtfertigen. Hätte Oestreich im ersten An­lauf die picmontcsische Armee zermalmt, Turin genommen und entweder den Frieden dictirt oder Genua und die Alpcnpüsse besetzt, um die noch unentwickelten Franzosen in die See und von den Bergen hcrabzuwcrfcn, so würde sich nicht eine einzige Stimme gefunden haben, die jenen Entschluß nicht als den heilsamsten gefeiert hätte. Was hat nun Oestreich aber gewonnen? Es hat die Lomellina durch Kontribution ausgesvgcn, es ist in der Lage gewesen, sein eignes Varcse zu plündern, wodurch es sich gewiß in Italien nicht populärer gemacht hat, es ist geschlagen und muth- maßiich aus seine zweite Vcrthcidigungslinie gedrängt. Dies ist der Preis, um dessent- willen es die diplomatischen Verhandlungen mit England und Preußen abgebrochen und diesen beiden Staaten, denen die italienische Verwicklung höchst ungelegen kommen mußte, wenigstens formal das Recht gegeben hat, dem angreifenden Staat vorläufig die Durchführung seiner eignen Angelegenheit allein zu übcrlasscn.

Man sage auch nicht, daß ein Erfolg sich nicht berechnen lasse: jener Schritt durste nur gewagt werden, sobald der Erfolg zu berechnen war; man konnte ihn mit dem militärischen Korrespondenten im vorigen Heft der Grcnzboten nur dann einen politisch braven nennen, wenn er strategisch wohl überlegt war.

Sollte aber Oestreich mit jenem Schritt die Absicht verbunden haben, dadurch Preußen wider seinen Willen in den Krieg hincinzuzichn, so hätte sich dieses, gelinde gesagt, unklug gewählte Mittel, gleichfalls als unzureichend erwiesen.

Lassen wir indeß diesen unerquicklichen Rückblick bei Seite, und suchen uns klar