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der alten Demokratie in eine wüste Begeisterung für die „Verträge" getrieben; man hofft eine Erneuerung der heiligen Allianz; man hofft, daß über dem KricgSlärm das parlamentarische Interesse vollständig einschlafen wird. Auch die Dänen werden sich diese Begeisterung für die „Verträge" merken; Preußen hüte sich nur, in dieser Sache dereinst den Störenfried machen und für das jetzt wieder so sehr verachtete »Nationalitätsprincip" eintreten zu wollen. — Indeß rechnen wir sest auf den Prinz- Agenten, der bisher mit seinem geraden Verstände sehr scharf zu unterscheiden gewußt, was von der wandelbaren Vox ?oxuli wirklich Vox vsi ist und was nicht.
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Deutsches Wörterbuch
von Jacob und Wilhelm Grimm. Dritten Landes erste Lieferung. E.-—Einöde. Leipzig, S. Hirzel. 1859. Dem vorstehenden Ansänge des dritten Bandes soll in den nächsten Wochen der Schluß des zweiten und die Fortsetzung des dritten folgen. So ist schnellere ^ Fortsetzung in willkommene Aussicht gestellt; mit dieser Lieferung beginnt wieder die Thätigkeit Jacob Grimms. Leicht ist seine Feder in der knappen Behandlung, der Auswahl der Belegstellen und der gründlichen Darstellung der Wörtcrvcrwandt- schasten zu erkennen. Das E, dessen dritter Theil in diesem ersten Heft abgemacht wird, ist für die deutsche Zunge sowol, als für den Lexikographen nicht der angenehmste Buchstabe des Alphabets. Jetzt der herrschende Vocal unserer Schriftsprache, übermächtig in Ableitungs- und Flexionsendungen, häufig auch im Inlaut der Wörter, war er in den ältesten Dialekten ein vcrhältnißmäßig seltener Laut, der un Gothischen noch die Natur eines Doppclvocals hatte und etwa wie das griechische «t nur in einzelnen Fällen verkürzt gebraucht wurde. Nach und nach ist sein unbestimmtes und mattes Wesen an die Stelle volltönender Klänge getreten, von denen sich eine große Fülle in den oberdeutschen Dialekten bis heute erhalten hat. Noch im sechzehnten Jahrhundert weiß ihn die ncngcbildcte Schriftsprache ost zu entbehren, wo wir ihn nicht misscn können; denn damals war die Sprache, während sie aus dem Volksmundc fixirt wurde, in einem energischen Proceß begriffen, Ableitungssilben, selbst Stämme zu verkürzen. Wenn sie dadurch zuweilen hart Wurde, so vermied sie doch glücklicher als wir die Eintönigkeit und die langweilige Einkleidung der Stämme mit schwachen Anhängcsilbcn. Es ist charakteristisch für das deutsche Wesen, daß die naturgemäße Abschweifung und Verkürzung, der Wort- Körper in denselben Jahrhunderten gestört wurde, in welchen das nationale Leben ' Bildungskraft und Energie einbüßte. Die weitschweifige, schleppende Redeweise der Theo- ^'gen und Juristen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert hat ebenso wie die Pedanterie der gelehrten Dichter dazu beigetragen, den indifferenten Vvcallaut groß zu s'ehen. Aber auch der schwierigste aller Vocale ist E geworden. Die Aussprache Unterscheidet bei großer Verwirrung noch in vielen Füllen das ursprüngliche i und a durch Annäherung an den Ton derselben. Aus den Dialekten hat sich eine unangenehme breite, dem ä gleiche Aussprache übermäßig eingedrängt, und für Fremde 'st das Abdämpfen des tonlosen und stummen e in den Bildungssilben eine fast unüberwindliche Schwierigkeit. Unter den merkwürdigen Wörtern dieses Heftes seien "nr einige genannt: eben, Eber, Ecke, edel, Egcrt (das Brachland), Ehe, Ehre, ei, Eiche, Eid, Eifer, eigen, Eile und das wichtige Wort: ein. Wieder gibt diese