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Komposition, sondern selbst in seinem Stil, in seinem Wortbau, in seiner Sahverbindung; Beispiele auszuwählen ist nur wegen der ungeheueren Menge solcher Sätze schwierig: und zwar meinen wir nicht die Reden seiner Helden, die er vielleicht absichtlich Unsinn vorbringen läßt, wie denn z. B. aus Klingsohrs Munde nie ein vernünftiges Wort kommt, sondern wir meinen die Stellen, wo er in eigener Person spricht. Hier nur ein Beispiel aus dem dritten Bande des Zauberers von Rom S. 35. Man möge die Stelle selbst nachschlagen, um sich zu überzeugen, daß der Zusammenhang mit dem Uebrigen gleichgültig ist.
„Die Pein des Fegefeuers mußte sie also glücklich und schnell überstanden haben, Dank der gründlichen Vorsehung mit den letzten Heilsmittcln durch den geliebten Priester, der täglich und stündlich von ihr und ihrer hochverehrten Freundin und Beschützerin Lucinde Schwarz erwartet wurde. Nachdem sie sich eben «us ihrem Danaezustande — Danac mnß blond gewesen sein, weil ihre Schönheit Jupitern auf den Gedanken brachte, sie grade in ihrer eignen Gestalt zu überraschen — in die erste nothwendigste Kleidung geworfen und ihr auch Iuviter-Pitcrs Zudringlichkeit dabei nicht mit allzu grellem Schrecken eingefallen war" u. f. w.
Man überlege sich die Jdeenassociation dieses Satzbaues. Zuerst heißt Danaezustand doch wol Nacktheit; wie er vom Nackten aufs blonde Haar kommt, das weiß der liebe Gott! Dann wird die blonde Farbe des Goldregens ihre eigene Gestalt genannt und dann soll wieder ihre Schönheit ihn veranlaßt haben, ihr blond zu erscheinen. Bei diesem Bilderwirbel vergeht einem wirklich Hören und Sehen! Und Sätze von der gleichen Stärke übernehmen wir aus jedem Band seiner Werke wenigstens zwanzig anzuführen. Daß sich das Publicnm diesen Stil gefallen läßt, zeigt, wie sehr auch hier eine Reinigung des Geschmacks Noth thut.
Wenn aber solche stilistische Fehler durch nachträgliche Feile weggeschafft werden könnten, so ist das nicht möglich bei dem Organismus der Bilder und Gestalten im Großen. Sie alle sind von jener Krankheit angefressen, die nur den chemischen Proceß verstattet und jede Heilung unmöglich macht. Zu jenen Gebrechen gehört auch, daß seine Geschichten und grade die auffallendsten gar keine Folge haben. So auch jene Betrunkenheitssccne zwischen Klingsohr und Lucinde, die gar keine Folge hat — auch nicht die etwa zu erwartende und nur um ihrer eignen Schönheit willen da ist.
Nun kommen wir aber auf einen ernsteren Punkt. Gutzkow hat es gewagt, seinen Roman dem deutschen Volk zu widmen: er soll „beitragen helfen, die vaterländische Einheit zu fördern." Bei der Breite, welche die Figuren des ersten Bandes einnehmen, macht er den Eindruck, als solle er eine Gesammt- schilderung der deutschen Zustände sein, die uns der „Lockpfeife des römischen Vogelstellers" anssetzen. Wie nun die beiden Helden Lucinde und Klingsohr beschaffen sind, haben wir gesehn; die andern Personen sind entweder Narren und Schurken oder ganz unbedeutend, nicht ein einziger Charakter, der uns