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In Sachen des Zauberers von Rom.
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befreundeten Zeitschriften sich als Deutschlands größten Dichter seiern zu las­sen und seine Kritiker zu schelten, benutzt er jetzt einen vieldeutigen Passus des Preßgesetzes, alsBerichtigung" seine Neclamen auch unabhängigen Zeit­schriften zu insinuiren. Die Grenzboten sind nicht das einzige Blatt, mit dem er das versucht. Vielleicht wäre es eine Pflicht gegen die Presse, die Art und Weise dieser Reclamenmcmufactur näher auszudecken, und wir werden uns dieser Pflicht vielleicht nicht entziehen dürfen; heute beschränken wir uns auf die Abwehr seines Angriffs, d. h. auf den Nachweis, daß die Grenz­boten die Farbe desZauberers von Rom" nicht greller als sie wirklich ist, sondern noch gemildert wiedergegeben haben.

Die Kritik dieses Bandes im vorigen Jahrgang unserer Zeitschrift be­schränkte sich auf ein gedrängtes Nesum6 der hauptsächlichen Thatsachen, die nach unserer Ueberzeugung für sich selber sprechen mußten. Um unsere Em­pfindung diesen Thatsachen gegenüber nicht in Zweifel zu lassen, fügten wir ein Citat aus Heine hinzu, da dieser Dichter einmal das Privilegium hat, manches bestimmt auszusprechen, was man sonst nur andeutet, und da die beständigen Citate aus Heine und verwandten Dichtern im Zauberer von Rom uns unwillkürlich diese Stelle ins Gedächtniß riefen. Um nun aber dem Verlangen des Dichters Genüge zu leisten, sind wir bereit, diese that­sächliche Darstellung durch eine Analyse näher zu begründen. Am einfachsten wird es geschehn können, indem wir diejenige Stelle des Romans, auf welche sich die im vorigen Heft mitgetheilteBerichtigung" bezicht, das Trinkgelage zwischen Klingsohr und Lucinde, mit den eigenen Worten des Nomanfchreibers dem Leser vorführen.

Um nun jene Scene deutlich zu machen, rufen wir folgende Umstände ins Gedächtniß zurück. Zwei ehemalige Freunde, ein adeliger Kronsyndicus und ein bürgerlicher Deichgraf, leben seit längerer Zeit in tödtlicher Fehde; auch ihre beiden Söhne, die sich früher sehr liebten, sind dadurch einander entfrem­det. Der Sohn des Kronsyndicus, Jerome, ist halb verrückt und hat sich in einem sehr aufgeregten Zustand in ein junges Mädchen Namens Lucinde ver­liebt, die aus verschiedenen Gründen in der Welt vagabundirt; theils um seines Sohnes willen, theils weil sie ihm persönlich gefällt, hatte der alte liederliche Kronsyndicus sie zu sich auf sein Schloß genommen. Dort lernt sie in der Nähe den Dr. Heinrich Klingsohr kennen, den Sohn jenes Deichgrasen, nach dem Zeugniß des Dr. Gutzkow, der es doch wissen muß, ein sehr ge­nialer Mensch, nur etwas excentrisch. Sie verabreden ein Zusammentreffen auf dem Schloß selbst. An demselben Tage hat der Kronsyndicus den Deich­grafen erstochen, die nähern Umstünde dieses Todschlages haben sich im Lauf des Romans noch nicht herausgestellt. Er kommt fürchterlich aufgeregt in das Schloß zurück, verbrennt seine Kleider, um die Spuren des Verbrechens