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Verbündeten Garantien zu fordern, daß wir nicht allein die Zeche zu bezahlen haben. Der Realpolitiker sagt zwar in seiner gewöhnlichen bündigen Weise: „wenn man davon spricht, daß Preußen als Gegenleistung für seinen Beistand von Oestreich Bürgschaften dieser oder jener Art verlangen müsse, so würde solchen Hirngespinn- sten durch jede Art von Erörterung zu viel Ehre geschehn." Das sind aber blos Worte, und wir wollen statt der Worte die Sachen hervorheben.
Wenn jene Bürgschaft freilich nur in Versprechungen bestände, so würden wir über ihr Gewicht grade so denken, wie der Realpolitiker; wir fordern aber eine Bürgschaft anderer Art.
Wir fordern eine Bürgschaft dafür, daß der Krieg auf eine zweckmäßig^ Art geführt wird; eine Bürgschaft dafür, daß wir ihn nicht allein zu führen haben; eine Bürgschaft endlich dafür, daß Oestreich oder ein anderer deutscher Bundesstaat nicht aus unsere Kosten Frieden macht, sondern daß wir sür unsere grenzenlosen Opser eine angemessene Entschädigung erhalten.
Ueber die Möglichkeit und sogar Wahrscheinlichkeit dieser Eventualitäten denkt der Verfasser genau so wie wir, es ist also nicht nöthig, mit ihm darüber zu streiten.
Auf welche Weise Oestreich für das Nichtcintrctcn dieser Eventualitäten genügende Bürgschaft leisten will, das zu finden, ist seine Sache, da in diesem Augenblick Oestreich um Hilfe bittet, nicht wir; vor allen Dingen gehörte dazu die Er- thcilung des unbedingten Obercommandos an Preußen mit der Berechtigung, gegen jeden General, der Scparatinstructioncn vorschützt, nach Kricgsrccht zu verfahren. Kann Oestreich sür diesen Punkt genügende Garantien nicht bieten, so wäre es von Preußen eine Politik des Wahnsinns, sich freiwillig in die Gefahr zu versetzen, halb zertrümmert die Hilft des unberührten Oestreich zu erflehen. Es wird sich in diesem Fall vielmehr darauf beschränken, seine Bundcspflicht zu erfüllen, d. h. die Grenzen des deutschen Bundesgebiets zu schützen. Dieser Pflicht wird es unter allen Umstünden genügen, denn über die Verbindlichkeit der Verträge denkt Preußen ernster als der Realpolitiker. Wenn Preußen den Eintritt dieser Eventualität abwartet, bedarf es weiter keiner Bürgschaften, es nimmt sie dann sich fclber.
Freilich widerspricht diese Politik auch unserm Gefühl; auch wir, die wir von Oestreich keineswegs so schlecht denken als sein Anwalt, würden eine vorhergehende Verhandlung mit Oestreich und ein unbedingt gemeinsames Handeln, das wir für sehr möglich halten, vorzichn: wenn man aber darüber klagt, daß diese Einigung nicht zu Stande kommt, so klage man Oestreich an und nicht Preußen.
Was verlangt man denn eigentlich von dem preußischen Landtag? Der preußische Landtag könnte nichts Anderes sagen, als was wir eben gesagt haben, nur mehr oder minder schwarz gefärbt; mit Declamationen, wie wir sie neuerdings wieder in Kassel gehört, ists in Berlin nicht gethan. Wenn aber der Landtag nicht anders reden kann, so ist es nach unserer Ueberzeugung besser, daß er schweigt; die Presse kann die Wahrheit unbedingt aussprechcn, weil sie niemand die Verantwortlichkeit aufbürdet, eine politische Körperschaft aber hat Rücksichten zu nehmen.
Freilich sind es grade diese Rücksichten, die den Realpolitiker beleidigen, er äußert sich darüber ziemlich stark. „In einer Zeit, wo ein Wort des preußischen Landtags eine That sein könnte, macht der preußische Landtag den Mann des blcchcrnen Pathos und der schweifwedelnden Phrase zu seinem Wortführer, um seine aller-