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Die Feier des dreihundertjährigen Bestehens der Universität in Jena.
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vor allem das alte Haus des Burgkcllers, welches durch die Geschichte der Burschenschaft so bekannt geworden ist. In großen Flämnienbuchstaben brann­ten die Worte: Ehre, Freiheit, Vaterland. Auf diesen Commersen soll manch Stück alter Studentengeschichte lebendig geworden, manch interessanter und erhebender Moment vorgekommen sein. Wer nicht selbst in Jena studirt hat, konnte bei dem großen Zudrang hier nicht gut Theil nehmen. So blieb ich diesen Festlichkeiten fern.

Am andern Morgen, dem ersten Festtag, um acht Uhr, versammelten sich die einheimischen und auswärtigen Universitätsmitglieder im obern Saal des neuen Bibliothekgebäudes. Dieses, kurz vor der Feier vollendet, hat die Büchersammlung noch nicht aufgenommen und bot mit seinen beiden großen Sälen im Erdgeschoß und im ersten Stock treffliche Räume für officielle Fest­versammlungen. Nachdem das Oorpus axüiäömieum von Jena im großen Saal des ersten Stocks sich versammelt, traten aus einem Nebcnsaal die aus­wärtigen Deputationen und Universitntsgäste ein. Der erste Sprecher war Benedict Hase aus Paris, Nemdre äs 1'Inst.itut, ehemaliger jenaischer Stu­dent, stark bejahrter Herr, Conservateur der griechischen und lateinischen Hand­schriften an der kaiserlichen Bibliothek zu Paris, bekannt durch wohlwollende Förderung deutscher Gelehrten in Frankreich. Ihm folgte Fürst Odojewsky, kaiserlich russischer Kammerherr und Mitdirector der kaiserlichen Bibliothek zu St. Petersburg. Er überreichte als Festgeschcnk Johann Caspar Lavaters Briefe an die Kaiserin Maria Feodorowna, Gemahlin Kaiser Pauls I. von Rußland, über den Zustand der Seele nach dem Tode, nach der in Petersburg befindlichen Originalhandschrift herausgegeben und als ein Beitrag zur deut­schen Literatur aus Nußland der Universität Jena gewidmet. Dem Fürsten Odojewsky folgte der Abgeordnete der kaiserlichen Akademie der Wissen­schaften zn St. Petersburg, Staatsrath v. Fritzsch. Er überreichte die tibetanische Uebersejzung eines altindischen Gedichts, herausgegeben von Schiffner, als Gratu­lationsschrift der kaiserlichen Akademie und versprach, die sämmtlichen Schriften der Akademie folgen zu lassen. Es bot ein gewisses Interesse, die von schwerer Goldstickerei strotzende Uniform des russischen Fürsten mit der neukaiserlichcn Uniform eines Nemdrö äe 1'IriLt.iwt zu vergleichen. Die letztere dunkelgrün, mit hellgrüner Seidenstickerei, höchst pariserisch elegant, aber völlig lakaienhaft, die russische Kammcrherrnuniform überladen, aber doch solid prächtig.

Aus der langen Reihe der Deputationen will ich nur einzelne aufzählen. Die Deputation der ehemals in Jena studirenden Schweizer, vertreten durch Zwei Sprecher, überreichte einen prachtvollen silbernen Pokal, dessen Wand von einem ausgezeichnet gearbeiteten Alpenrosenkranz in Mattsilber umgeben und dessen Stiel mit Gemsköpfen verziert war, außerdem die Bundcsgesetzsamm- lung, eine topographische Karte der Schweiz von General Dufour u. f. w.