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feiten der damaligen burschcnschaftlichcn Bestrebungen schärfer hervorheben. Der Brief des Professor de Wette an Sands Mutter, der hier mit einer gewissen Wärme mitgetheilt wird, ist nach unsrer Ueberzeugung die ärgste Verirrung, zu der sich ein edler und verständiger Mann hat hinreißen lassen; er ist der Gipfel jenes subjcctivcn Pflichtgefühls, das in der Welt nur Unheil angerichtet hat. — Es macht einen eigenthümlichen Eindruck, wenn man das Verhalten des Staats zu den Studentenverbindungen vor 1848 mit dem nach 1848 vergleicht: damals witterte man in jeder Kneipe einen Jakobinerclub und ließ den neu antretenden Studirendcn, um jeder derartigen Gefahr vorzubeugen, das Ehrenwort ablegen, in keine Verbindung zu treten, obgleich man fest überzeugt war, daß fast zwei Drittel derselben das Ehrenwort nur abgaben, um es zu brechen. Jetzt behandelt man die Verbindungen nicht blos als erlaubt, man unterhandelt wol mit ihnen als nM legitimen Mächten. Es kommt vor, daß man an einen hochwohlgebornen Seniorenconvent das ergebenste Gesuch richtet, durch eine großartige politische Demonstration die gute Gesinnung der Universität an den Tag zu legen. Damals arbeitete man gegen die Festigkeit der sittlichen Begriffe, jetzt vergibt man sich von seiner Eignen Würde. Der einzig richtige Weg wäre, was die Studenten, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen, für sich unternehmen, von Staatswegen gänzlich zu ignorircn.
Geschick) te der Hand elskrisen von Max Wirth. Frankfurt a. M I. D. Sauer- länders Verlag. 1858. — Ein ebenso zeitgemäßes als mit Kenntniß und Geschick geschriebenes Buch, welches durch die lichtvolle Darstellung, die in ihm auch die schwierigsten hier in Rede stehenden Gegenstände gefunden haben, auch für die lesbar sein wird, die in den volkswirthschaftlichcn Fragen Laien sind. Nachdem der Verfasser in einer ausführlichen Einleitung die großen Fortschritte aufgezeigt hat, welche Deutschland seit 50 Jahren durch die Wissenschaft namentlich ans den Gebieten des Verkehrs und der Industrie gemacht, schildert er zunächst die älteren Handelskrisen, die Ereignisse, welche das Lawsche System hervorrief, den Südsecschwindel in England, die Tulpcnmanie in Holland, die Hamburger Krisen von 1763 und 1799, die Krisen in England von 1805 und 1825, die nordamerikanischen Krisen der dreißiger Jahre und die englischen von 1836, 1839 und 1847. Dann folgt eine ausführliche Darstellung der Ursachen, des Ausbruchs und des Verlaufs der letzten großen Krise mit sehr lcscnswerthcn Blicken auf die französischen und deutschen Creditanstalten, die eine scharfe Kritik erfahren. Ein ferneres Capitel gibt eine Diagnose der Krisen, indem die Bildung des stehenden Capitals, die Harmonie zwischen Erzeugung und Verbrauch und die gemeinschaftlichen Erscheinungen bei allen Krisen besprochen werden. Der nächste Abschnitt stellt die Maßregeln auf, mit denen den Handelskrisen durch den Staat vorgebeugt werden kann, und von denen der Verfasser als die wichtigsten Verbreitung statistischer Kenntnisse und Stärkung des wirthschaftlichen Selfgovcrnment, vor allem aber Einschränkung der zu ausgedehnten Kreditgewährungen und Creditfristen anführt. Ein Schlußcapitel zählt dann kurz die verschiedenen Heilmittel auf, welche bei den verschiedenen oben aufgeführten Handelskrisen angewendet worden sind. Ein gutes Register erhöht den Werth des Buches wesentlich.
Verantwortlicher Redacteur! 0. Moritz Busch — Vcrlna von F, L, Hcrl'ia
in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig.