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Geschwornen, wo diese hinzutreten, ausgelost und vereidigt. Dann wird die Anklageschrift verlesen, der Angeklagte, inquisitorisch nach Maßgabe der etwaigen Untersuchungsprotokolle examinirt, vor Geschwornen ausdrücklich befragt, ob er sich schuldig bekenne oder nicht. Auf sein unverdächtiges und unumwundenes „Schuldig" entscheidet der Gerichtshof allein über die Strafe nach Anhörung von Staatsanwalt und Vertheidiger (Art. 75 des Ges. v. 3. Mai. 52). Auf sein „Nichtschuldig" erfolgt die Beweisaufnahme. Die Zeugen werden vereidigt und einzelne vom Präsidenten examinirt. Dem Staatsanwalt steht gesetzlich, dem Vertheidiger usancemäßig ein Fragerecht zu, das auf den übereinstimmenden Antrag beider zu einem Kreuzverhör, dem wirksamsten Mittel der Beweisaufnahme, werden kann. Alsdann plaidiren Staatsanwalt und Vertheidiger einmal, oder mehrmals, jedoch so, daß der Vertheidiger das letzte Wort behalten dars, worauf der Gerichtshof nach geheimer Berathung das Urtheil fällt, vor Geschwornen der Präsident die ganze Verhandlung in ihren Hauptmomenten noch einmal übersichtlich resumirt und den Geschwornen die schriftlich und der Art, daß sie mit „ja" oder „nein" beantwortet werden können, redigirtcn Fragen übergibt. Die Geschwornen ziehen sich in ein besondres Zimmer zurück, wählen einen Obmann, berathen die einzelnen Fragen, wobei sie über alles, was ihnen unklar ist, vom Päsidcn- ten Belehrung erbitten können, und lassen dann, ins Sessionszimmer zurückgekehrt, durch den Obmann ihren Spruch verkünden. Bei „Schuldig mit ? gegen s Stimmen" entscheidet der Gerichtshof über die Schuld. Bei „Nichtschuldig" erfolgt die Freisprechung und sofortige Entlassung aus etwaiger Haft, bei. „Schuldig mit mehr als 7 Stimmen", kann der Gerichtshof, wenn sich die Geschwornen nach seiner einstimmigen Ansicht zum Nachtheil des Angeklagten in der Sache geirrt haben, dieselbe <zx ot'üeio und ohne Angabe von Gründen vor ein neues Schwurgericht weisen. Geschieht dies nicht, so sprechen nun Ankläger und Vertheidiger über die Höhe der Strafe, welche dann definitiv und mit Stimmenmehrheit in geheimer Berathung vom Gerichtshof festgesetzt wird (s. Art 73 — 100 des Ges. v. 3. Mai 1852, §. 118. bis 125 §. 48 — 59 der Verord. v. 3. Januar 184»). So ist das Verfahren der Hauptverhandlung, das bei einem einigermaßen geeigneten Gerichtslocnl — viele genügen weder an Größe noch an Ausstattung auch nur den mäßigsten Anforderungen — und von einem tüchtigen, seiner Stellung bewußten Präsidenten nicht verfehlt auf jeden einen tiefen und würdigen Eindruck zu machen. Das Ganze nimmt einen raschen, spannenden, fast dramatischen Verlauf. Auch ein Nichtbetheiligter kann der Verhandlung mit Interesse beiwohnen, und dadurch ist die Oesfentlichkeit mit ihren günstigen Wirkungen auf Angeklagten, Richter, Zeugen und Publicum eine Thatsache geworden. Das kann vom Civilversahren nicht behauptet werden, obwol auch hier