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Sinn des interessanten Briefes! Anthcmy Chupplewit wundert sich über Pecksniff,
Sicvers war also im Grunde den Machthabern unbequem. Warum gaben sie ihm nnn diesen wichtigen Posten? da es sich doch nur um einen Act brutaler Gewalt handelte, den ein einfacher General, den z. B. Jgel- ström ebenso gut hätte ausführen können. — Die Gründe waren folgende:
Der Schülerin Voltaires war doch an der öffentlichen Meinung Europas etwas gelegen. In ihrer ersten Jnstruction hebt sie als Motive der neuen Gewaltthat zweierlei hervor. Es gilt, den königsmördcrischen Jakobinismus zu bekämpfen, der in Frankreich zu so entsetzlichen Greuelthatcn geführt hat. der nun auch in Polen eindringt. Es gilt, 'den guten König Stanislaus dem Einfluß dieser Rotte zn entziehen, die doch im Grunde nur darauf ausgeht, ihn zn ermorden. Rußland ist in Polen der Vorsechter des monarchischen Princips und der Religion. Daran knüpft sich aber noch ein Zweites. Der König von Preußen sührt gegen die französischen Jakobiner einen Krieg, der seinem Herzen Ehre macht, der ihm aber schwere Opfer kostet. Er ist in der Nothwendigkeit, sich dafür zu entschädigen, und kann das nur in Polen. In dieser Ueberzeugung, gegen die man billigcrweise nichts einwenden kann, thut er nun dein russischen Hofe Gewalt an, und zwingt ihn, sich gleichfalls zu entschädigen, damit das europäische Gleichgewicht nicht gestört werde. Sicvers hatte also folgende Aufgabe. Den Polen gegenüber stellt er seine Kaiserin als die Beschützerin gegen die preußische Habgier dar: nur wenn sie sich unbedingt ihrem Willen unterwerfen, können sie hoffen, einiges zu retten. Der preußische Gesandte darf selbstständig gnr nicht hervortreten, er muß sich unbedingt dem Willen seines russischen Collcgen fügen — wohlgemerkt aber zu all den außerordentlichen Ausgaben, die Sievers im Namen seiner Kaiserin macht, die Hälfte zahlen und dafür keinen Dauk haben; nur einige Ausgaben abgerechnet, von denen er nichts wissen darf/ Nußland erhalt also seinen Beuteantbeil, und aller Haß fällt dafür auf Preußen, welches zugleich als Schleppträger Nußlands in Verachtung geräth. Damit ist schon viel erreicht, aber die Kaiserin hat noch mehr im Auge. Wenn man seinen Beuteantheil in Sicherheit gebracht, wie wäre es, wenn man Preußen um den seinigen verkürzte? wenigstens die Möglichkeit muß man sich offen halten, wenn die Kriegsercignisse am Rhein eine günstige Chance geben. Die Kaiserin und ihr Botschafter denken einige Zeit ganz ernsthast daran. Rußland hat seine Beute gepackt, der Preuße hat sein Geld und seinen'Einfluß dazu gegeben, Sievers hat den Polen merken lassen, wenn man -selbst befriedigt sei. werde man sie gegen die preußifchen Anmaßungen schützen. Nun meldet sich endlich der preußische Minister mit seinen Forderungen, die ihm von Ruß- land contractlich stipulirt waren. Sievers' beschwert sich gegen seine Kaiserin