Beitrag 
Correspondenz.
Seite
278
Einzelbild herunterladen
 

278

licherwcise wählte man dabei aber eine so schroffe Form, daß man hier Veranlassung fand, dem Unmuth über jene Gründe in nicht grade taktvoller Weise freien Lauf zu lassen. Warum will denn Hamburg mit ein Keil sein in dieser Deutschland so schmerzlich berührenden Zerklüftung zwischen Preußen und Oestreich, und noch mehr, warum bei diesem einzelnen Anlaß so stolz sich an Oestreich gegen Preußen anlehnen, Prcußcu, die deutsche Schutzmacht im Norden! Damals gingen hier die Wogen der Leiden­schaft sehr hoch! ich dcnkc,^ gar Mancher wird heutigen Tags sich darüber wundern, wie er alle so nahe liegenden Beziehungen zn Preußen vergessen konnte. Wie tief aufgewühlt jene Zeit war und wie man in der allgemeinen Hilflosigkeit nach jedem Strohhalm griff, das zeigte das allgemeine Verlangen der Börse und der Beschluß unsrer Bürgerschaft auf Einführung eines Zwangspapicrgcldes; hätte der Staat nicht noch den letzten Nest von Muth und Besonnenheit zusammengenommen, der ehrliche Name und die Zukunft Hambnrgs wären auf Jahrzehnte hinaus verloren gegangen. ZwamMapicrgcld einführen, heißt seine Gläubiger mit einem Stück Papier statt mit einer Zahlung abfüttern, und hcnnbnrger Kaufleute haben damals allen Ernstes geglaubt, solche Abmachungen ließen sich auf Hamburg selbst beschränken. Woher hätte aber ein hiesiger Gläubiger, der nach Außen Schuldner ist, seine Mittel zum Zahlen finden svllcn, wenn er hier nur Papiergeld erhalten hatte? Und noch nie­mals hat ein Staat sich aus dem Zwangspapiergcld retten können, außer durch erneute Vcrkchrseonvulsioncn, wie es denn überhaupt leichter ist, Geister heraufzu­beschwören alo sie zu bannen. Die Verhältnisse haben sich allmälig dem Zwangs- papicrgeld anbequemt und es heißt sie ganz neu zurechtlegen, will man es entfernen. Wir sind damals mit genauer Noth einem großen Unheil entgangen.

Wer jetzt nach Hamburg kommt, wird äußerlich vielleicht wenig von der noch nicht völlig überstandencn Krisis bemerken, man macht wieder Geschäfte, man amü- sirt sich wieder, man fährt wieder in Equipagen und man pflegt des Leibes Noth­durft wieder mit dem alten Epituräerthum. Aber hinter diesem äußerlichen Schein steckt mancher schwer oder gar nicht überwundene Jammer, manche geknickte Hoff­nung nnd vernichtete Znkunftsaussicht. Die kostspieligen Gewohnheiten der letzten Jahre waren sür Viele eine Art Lebensbedürfnis; geworden, nnd jetzt soll größere Bescheidenheit eintreten. Es sind Leute hier, die durch Jahrzehnte hindurch ein nettes Vermögen zu erwerben und zu erhalten gewußt haben, und welche nun, weil sie vielleicht in einem einzigen Moment des allgemeinen Taumels nach raschem Gewinn sich vergessen hatten, mit dem Verlust ihrer ganzen Vergangenheit büßen.- Es sind auch andere, und die Mehrzahl der Suspendirtcn, die nur ihr Schicksal vcrdicut haben, weil der Erwcrbssiuu bei ihnen den Zaum der Verminst oder gar der Moral verloren hatte, Leute, deren Alles ein künstlich unterhaltener Credit war und die dennoch die gewagtesten Unternehmungen machten. Viele freilich tragen nur die Schuld der Zeit. Wer aber mag einen Blick in die Zerrüttung von Familien-und persönlichen Verhältnissen aller Art thun, die nothwendig die Folge von so vielfach veränderten Vcrmögcnsverhältnissen sein müssen. Der Leser, welcher einmal den ganzen Jammer einer zurückgckommncn Familie mit angesehen hat, dieses Mißver­hältnis zwischen socialen Ansprüchen und ost noch mehr socialer Stellung und den Mitteln sie zu erhalten, wird sich dies Gemälde mühseligen Harrens, wehmüthigen