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Traumleben auf dem Nil.
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gelbes Müdchengesicht mit schwarzen Augen, ein rother Tarbusch mit Ketten von Goldmünzen geschmückt, blitzt durch die Leinwandthür. Der Körper, in ein Gazehemd, ein gesticktes Leibchen, einen bunten Schleier und weite Beinklei­der von Seide gehüllt, folgt trippelnd nach, und die Gawassi steht vor uns. Andere Schwestern von der Zunft kommen »ach, zuletzt die Musik, eine alte Frau mit einem Tambourin und ein graubärtiger Geiger mit dem Nabnb, der zweisaitigen Violine Aegyptens. Der T)ragoman macht die Honneurs, nöthigt die Mädchen auf den Apfelsinenkorb, den ein Ibrahim oder Moham­med von der Mannschaft in einen Lehnstuhl verwandelt hat, auf die Pro­visionskiste, die durch eine andere geschickte Hand zu einein leidlich bequemen Divan geworden ist, präsentirt Aquavit und Cognac/ den die Sirenen zum Erstaunen der Ehowadschi in Quantitäten wie die Matrosen zu sich nehmen, präsentirt auch die Pfeife, die dann von der Primadonna bis zu der alten Hekate mit dem Tambourin die Runde macht'. Die Tarabuka des Schiffs­jungen mahnt leise an den Zweck des Besuchs. Aber es bedarf eines zweiten Glases und einer zweiten Pfeife, ehe Hekate und der Grauhart mit der Geige der Mahnung antworten. Der Fidelbogen fährt über die Saiten, die Finger huschen am Griffbret auf und nieder, Hekate schlägt und schüttelt ihre Schellentrommel die ägyptische Polyhymnia, die der ägyptischen Terpsichore aufspielt. Dazu singen sie ein seltsames, wn-hnwitziges Klettern und Springen von einer Stufe der Tonleiter zur andern, ein Näseln und Gur­geln, ein diabolisches Kreischen und Zittern, wie wir es nie gehört haben, wie mir uns nur die Musik vorstellen, welche das Orchester auf den Tempel- Wänden von Theben machen würde, wenn es, plötzlich von neuem belebt, zu, uns herabstiege. Wir denken au ein Concert der Unterweit, unsre Matrosen schwelgen in den Tönen wie. im Paradiese. Das taktmäßige Händeklatschen, mit dem sie die wilde Melodie begleiten, klingt wie ihr vergnügtes Schmatzen nach fetten Genüssen. Selbst dem Schiffsjungen quellen vor Entzücken die Augen aus dem Kopse, und wie toll trommeln seine Fingerspitzen auf die Tarabuka.

Und jetzt erhebt sich die erste Tänzerin, tritt aus den gelben Schnabel- schuhen, läßt den Schleier fallen wie Aphrodite den Mccresschaum und schreitet blos mit dem Hemd und Leibchen und den weiten Hosen bekleidet, kleine Messingcastagnetten mit Daumen und Mittelfinger emporhaltend, schlank und stolz in die Mitte des Kreises. Bewegungslos wie ein Steinbild steht sie einen Augenblick da und läßt die wüthende Brandung von Tönen an sich anprallen, bis plötzlich die ganze Oberfläche ihres Körpers erst leise,, dann immer heftiger mit der Musik im Takte zittert. Ihre Hände lassen, über den Kopf erhoben, die Castagnetten erklingen, langsam dreht,sie sich einmal um sich selbst, indem ihr rechter Fuß dabei als Stützpunkt dient und alle Mus-