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doch nicht einmal die Zeitgenossen geurtheilt und eS ist auch noch heute, wo eS an sogenanulen Genies, die ihre unreife Bildung für eine Folge ihrer natürlichen Kraft halten, nicht fehlt, nothwendig, fortwährend darauf zurückzukommen, daß Goethe in seinem Urtheil über jene drei Stücke vollkommen Recht hatte, daß sie trotz der einzelnen genialen Züge als Ganzes betrachtet schlecht und verwerflich sind. Uebrigens hatte sich Eckardt bei seinem Eifer, alles, auch das Unnöthigste zu erklären, wol die Mühe geben können, Einzelnes zu übersetzen, was in der That der Erläuterung bedarf, er hätte uns z. B, sagen können, was ein consiscirter Mohrenkopf ist.
In denselben „Erläuterungen zu den deutschen Klassikern" finden wir 'zwei neue Commenlare des fleißigen Düntzer: zu Meisters Wanderjahreu und zu den Wahlverwandtschaften. Die erste Abhandlung haben wir schon in etwas andrer Form 18i9 gelesen. Düntzer hat mit seinem gewohnten Scharfsinn auf einige wesentliche Punkte sür das Verständniß des großen Dichters aufmerksam gemacht z. B. S. 113, baß der Erzählung des Fremden wahrscheinlich die Erzählung zu Grunde liegt, welche Goethe in Italien in einem englischen Zeitungsblatt gefunden: ein Frauenzimmer war ins Wasser gefallen u. s. w. Ferner S. 5, daß die Figur des Architekten wahrscheinlich einem wirklichen Architekten nachgebildet ist, den Goethe 1808 kennen gelernt; S. 21: „Ueber Ottiliens Geschick in weiblichen Handarbeiten erhalten wir nur kurze, aber ausreichende Andeutungen; sie weiß sich ihre Kleider selbst zuzuschneiden" u. s. w. — Auf derselben Seite: „Mit Charlotten sehen wir sie an der für den Architekten bestimmten Weste stricken. Die bei dieser Gelegenheit gemachte Bemerkung (S. 208), eine solche Gabe sei die angenehmste, die ein liebender, verehrender Mann erhalten könne, da er sich schmeicheln dürfe, das Herz werde bei einer so anhaltenbenz Arbeit nicht ohne Antheil gewesen sein, erinnert an manche Aeußerungen in Goethes Briefen an Frau von Slein, der er einmal schreibt: Ihre Weste trage ich bei jeder Feierlichkeit, ich möchte ein ganzes Gewand haben, das Sie gewoben und gewirkt hätten, um mich drein zu wickeln. Vgl. auch B. 18, 228 ff." Mitunter hadert Düntzer mit seinem Dichter, z. B. S. 114: „Es ist auffallend, daß der Dichter hier nicht gleich das Alter des Gärtners hervorhebt, wodurch sich die Redseligkeit desselben bestens erklärt." Im Allgemeinen aber begnügt cr sich damit, was der Dichter bereits erzählt, noch einmal mit gleicher Ausführlichkeit nachzuerzählen, und erreicht dadurch den gewiß' beabsichtigten Zweck, durch den Contrast der Schönheit der goetheschen Erzählung ein Relief zu geben. — Sollte aber Düntzer mit seiner Gründlichkeit nicht die größere Aufgabe sich stellen, in Goethes Leben die noch immer unaufgeklärten Punkte zu behandeln? Goethe trug z.B. eine Flanelljacke, wie Oehlenschlägcr und Riemer berichte»; wo hat er diese gekauft, und waS ist daraus geworden? Diese und GrenzbvtenIV. 1867. 33