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wir haben Beiträge gesammelt, zehn Millionen Mark Banko in zwei Stunden, aber bezahlen können wir noch lange nicht, und schwerer und trüber wird von Tag zu Tag die Stimmung der Kaufmannschaft.
Was ein Wechsel ist, wird den meisten Lesern der Grenzboten bekannt sein, aber was ein Wechsel und was Wechselverkehr für den Kaufmann bedeutet, wol kaum im genügenden Maßstabe. Ein Wechsel ist ein Documcnt, für dessen Betrag jeder, der seinen Namen darauf setzt, zum Vollen verantwortlich wird, so daß, was der eine nicht bezahlen kann, dem andern znm Zahlen zufallt. Ein Kaufmann empfängt eine Waare und der Verkäufer zieht einen Wechsel zu einem bestimmten Versalltag aus den Käufer, der dadurch angewiesen wird, die eingegangene Schuld a» einen dritten anszukehreu. Dieser dritte präscntirt den Wechsel dem Käufer, damit er seinen Namen darauf setze und so acceptirc. Thut dieser es nicht, so wird der dritte sich au den Aussteller des Wechsels" oder an die halten, welche ihn inzwischen indossirt haben, thut er es, so geht der Wechsel dnrch weitere Indossamente aus andere über, bis er sich am Verfalltage wieder beim Acccptanten einfindet, der nun entweder dnrch Zahlung den Wechsel aus der Welt schafft, oder salls nicht bezahlt wird, den Wechselinhaber veranlaßt, sich einen der Indossanten zur Zahlung herauszuwählen, bis er wieder an den Aussteller kommt, der nun alles, Wcchselsumme und Wcchselkosten abzumachen hat. Ein Kaufmann aber, der nicht vermag, seinen dnrch Wechsel eingegangenen Verpflichtungen sofort nachzukommen, ist insolvent. Er mag noch so reich an Besitz sein, seine Ränme mögen von Waaren strotzen, aber kann er ans Aufforderung nicht sofort die Wcchselsumme auskehren, ist er insolvent. Vielleicht daß es ihm durch seinen Credit und dnrch rasch gebrachte Opfer gelingt, sich Geld zu verschaffen, sonst aber ist er insolvent. In gewöhnlichen Zeiten hat eine solche Operation gar keine Schwierigkeit, in außerordentlichen dagegen ist sie kaum zu bewerkstelligen, und dabei stehen wir jetzt in Hamburg.
Der Wechsel ist, wie ich dem Reformator des deutschen Wechselrechts, dem sächsischen Obcrappcllativnsrath Eincrt wol nachsagen darf, kausmäunischcs Geld. Von Land zu Land, von Meer zn Meer wird der weit überwiegende Theil aller kaufmännischen Verpflichtungen durch Wechsel abgemacht; ist er doch dnrch das Vermögen und den Credit sämmtlicher darauf befindlichen Namen garantirt. Der Kaufmann bezahlt nicht blos in Geld, sondern auch mit Wechseln, die gute Unterschristen tragen. Der Wechsel dient namentlich auch zur bequemern' Abmachung von Zahlungen unter verschiedenen Handclsgebieteu. A in Hamburg schuldet a» B in London, C in London aber an D in Hamburg, was ist natürlicher, als daß A mit B und C mit D abrechnet! Das wird aber möglich dnrch Einrichtuugcn, die ausschließlich auf den Wechselverkehr berechnet sind, Banken, Wechselmakler, Börsen u. s. w. Jede andere Zahlungsweise, namentlich die durch BaarsendungeN' wäre mit so großen Kosten, Schwierigkeiten und Weitläufigkeiten verknüpft, daß der Wechselvcrkehr die kauft» ännischcn Verhältnisse völlig beherrscht. Man benutzt auch den Wechsel zur Ncgulirung und zur Ausbeutung der Course zwischen den verschiedenen Handelsplätzen, indem man sie dahin schafft, wo dasjenige Geld m dem der Wechsel ausgestellt ist, den meisten Vortheil bietet; man benutzt sie auch zur Anknüpfung und zur Unterhaltung von Geschäftsverbindungen, indem man