Beitrag 
Hegel und seine Zeit.
Seite
376
Einzelbild herunterladen
 

>

376

lvgie, in der sich Hegel über die Unwissenschaftlichkeit semer eilten Freunde, der Naturphilosophen, mit ebenso großer Härte aussprach, als früher über die Unschönheit der Neflerionsphilosophie. Indem er mit den charakteristischen Stichworten die beiden Schulen bezeichnete, behauptete er, das Absolute müsse sowol Substanz als Subject sein, d. h. die echte Philosophie müsse mit dem Ziel des schellingschen Systems die Methode des fichtcschen ver­binden; eS müsse der Natur Gerechtigkeit widerfahren lassen, indem eS zugleich mit seiner Sonde in den Schacht des menschlichen Geistes hinabstieg. Mit der Feststellung dieses richtigen Ziels ist freilich die Ausführung noch nicht gegeben. Die Ausführung, die Hcgel versuchte, ist gescheitert; darin stimmen mir mit Haym übercin, wenn wir auch den folgenden harten Ausspruch nur bedingt gelten lassen.Weder die Substanz kommt in dieser Philosophie zu ihrem ehrlichen Rechte, noch das Subject. Oder um diese Formeln zu dol­metschen: in ihrem Princip ist diese Philosophie romantisch geblieben, in ihrer Ausführung ist sie der schlechtesten Reflexion und der dürrsten Scholastik verfallen. Sie hat nichts gethan, als den Formalismus der ästhetischen An­schauung auf den Formalismus der Aufklärung zu projiciren; weit entfernt die beiden Gegensätze zur Durchdringung zu bringen, hat sie dieselben nur mittelst einer künstlichen Veranstaltung in ein vorübergehendes Gleichgewicht gebracht. Ihre Verschlingnng der zwiefachen Vildungsmoiive ist eine Illusion, die täuschende Fata mvrgana einer zukünftigen BildungSform, au deren Her­beiführung unsere Nation eben jetzt fast mit Hoffnungslosigkeit arbeitet. Zu»' wirklichen Ausdruck dagegen, ist sie geworden für eine Zeit, die wahrlich kaum eine Caricatur ihres Ideals war. Gleich schr mit ihrer romantischen, wie mit ihrer scholastischen Seite, gleich sehr mit diesen ihren beiden Seiten wie mit ihrer verzwickten Verbindung beider ist sie die Philosophie der Restau­ration geworden und hat sich ebenso in deren QuieliSmus, wie in deren Svphistik gefügt."

Worin die Einseitigkeit dieser Auffassung besteht, wenu wir Hegels Lehre im Ganzen vor Augen halten, davon später. Vollkommen begründet ist ^ in Bezug auf die Ph änomenologie, in welcher Hegel zuerst seine Ideen zu einem Kunstwerk abzurunden suchte. Die Charakteristik dieser seltsamen Schrift, an der sich schon Unzählige vergebens abgemüht haben, ist ein Meister­stück. Ihr ursprünglicher Zweck ist, die Entwicklung des menschlichen Be­wußtseins von seiner niedrigsten Stufe bis zu seiner höchsten, bis zum absolu­ten Wissen vvrzuzeichnen; die Genesis des absoluten Wissens, wie dieselbe in der Natur deS Bewußtseins begründet sei; den Weg der Seele,welche die Reihe ihrer Gestaltungen als durch ihre Natur ihr vorgesteckte Statio­nen durchwandert, damit sie sich zum Geist läutere." Sie beginnt mit der sinnlichen Gewißheit und dem Meinen, um zunächst durch die Wahr-