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sichte hatte. Ein Drache, ein Tiger und ein Hahn traten bei der einen Vision in sein Zimmer, eine Menge Menschen folgten mit Musik, man trug ihn in einer Sänfte nach einem Strome, wo eine alte Frau ihn abwusch (Taufe). Dann führte man ihn in einen Saal, in dem er eine Versammlung von Greisen, worunter mehre der alten Weisen waren, antraf, und wo man ihm die Brust öffnete, um das Herz herauszunehmen und ein anderes hineinzusetzen. In eine andere, schönere Halle gebracht, sah er auf dem obersten Platze einen alten Mann in schwarzer Kleidung und mit goldenem Barte, der ihm mit Thränen klagte, daß die Menschen, die er geschaffen und erhalte, ihn nicht ehrten, sondern Teufel anbeteten, und von dem er dann mit der Ermahnung, diese Teufel auszurotten, ein Schwert, ein Siegel und eine gelbe Frucht empfing. Hung Siu Tstuen begann hierauf die Anwesenden zu ermähnen, von ihrer Pflichtverletzung abzulassen, fand jedoch nur bei Einigen Anklang. Der alte Mann aber bezeugte ihm sein Wohlgefallen, hieß ihn muthig ans Werk gehen und verhieß ihm seinen Beistand. In einer andern Vision begegnete er einem Mann von mittlerem Alter, den er seinen ältern Bruder nannte (eine Erinnerung an Christus, wie der Greis mit dem Goldbart eine Erinnerung an den Gott jener Tractate war) und mit dem er Dämonen aufsuchte und erschlug. Wieder in andern Gesichten sprach Hung Siu Tsiuen davon, daß er zum Kaiser von China bestimmt sei. Nach seiner Genesung war er wie umgewandelt, sein Benehmen freundlich, aber zugleich würdevoll, sein Geist klarer, ja selbst an Grö^e und Leibesstärke soll er zugenommen haben. Indeß scheint er in dieser Zeit auf jene Vistonen noch kein besonderes Gewicht gelegt und ebensowenig jene christlichen Schriften, die er bis dahin nur oberflächlich angesehen, eines ernsteren Studiums gewürdigt zu haben. Veranlassung zu einer fleißigeren Leclüre derselben gab ihm vermuthlich erst der Krieg mit England, der die Blicke aller Chinesen auf die bis dahin wenig beachteten „Barbaren" lenkte. Als er mit seinem Freunde Li jene Tractate jetzt sorgfältiger prüfte, fand er in ihnen den Schlüssel zu den Bildern, die er in den Verzückungen seiner Krankheit geschaut. Er wußte jetzt, daß er Gott gesehen, daß er mit Christus verkehrt, daß er zur Bekehrung seines Volkes erwählt sei. Die beiden Freunde spendeten sich sofort gegenseitig die Taufe und begannen hierauf unverzüglich, auch andern den Weg zum Himmel, den sie gefunden, zu weisen.
Zunächst machte der neue Prophet nur wenige Proselyten und zwar nur unter den Mitgliedern seiner Familie und unter den Schullehrern der Gegend. Unter letzteren aber war Fung Nun San, der sich bald als der eifrigste und geschickteste Verbreiter seiner Lehre erweisen sollte. Dagegen verließen ihn, als er nicht blos den Götzendienst abschaffte, sondern auch die Tafel mit den Geboten des Konfutse aus dem Schulzimmer entfernte, alle seine Schüler. Er