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Die Gaukler bei Hriechen und Römern.
Als der göttinger Professor Veckmann am Ende des vorigen Jahrhunderts in seinen verdienstlichen „Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen" auch die Künste der Gaukler und Taschenspieler bei den Alten näher berührte, glaubte er sich der Geringfügigkeit des Gegenstandes und de.s zweideutigen Rufes dieser Künste wegen entschuldigen zu müssen. Er that es, indem er das Verdienst der Jongleure in Beziehung auf Erheiterung und Belustigung ihrer Mitmenschen hervorhob, die sprichwörtliche Brotlosigkeit ihres Gewerbes bestritt, und für seine Untersuchungen die Worte des römischen Geschichtschreibers in Anspruch nahm: „Manchem mögen diese Dinge werthlos und gcringfügi'g erscheinen, aber die Wißbegierde weist nichts von sich." Heute, wo ein allgemeines Sireben sich zeigt, durch Darstellungen in populärem Gewände und Parallelen mit der Neuzeit das Wissenöwürdige und Interessante deS classischen Alterthums zu eimm Allgemeingut zu machen, dürfte es schon weniger auffällig sein, jene luftigen, leichtfertigen Wagehälse der Vorzeit wieder einmal mit der Lampe der Neugierde zu beleuchten.
Sieht man zuerst auf die numerische Verbreitung ver Gaukler bei Griechen und Römern, so ergibt sich aus den zerstreuten Nachrichten der Schriftsteller eine entschiedene Majorität für die ersteren. Abgesehen von den verschiedenen Volkscharakteren konnte in Rom die hellenische Gymnastik und Agonistik nie zu einer solchen Blüte gedeihe», wie in Griechenland selbst in späterer Zeit, und so war wol auch im Allgemeinen der Grieche an Körper beweglicher, geschmeidiger und zu Kunststücken gefügiger als der Römer. Besonders die Städte GroßgriechenlaudS scheinen viele Jongleure geliefert zu haben; denn unter den Koryphäen der Thaumaturgie, welche AthcnaeuS nennt, sind gleich: ein Tarentiner, ein Syrakusaner und ein Nheginer, und der Gaukler, welcher daS von Tenophon beschriebene Gastmahl des Kallias zu Athen belebte, stammte ebenfalls aus Syrakus. Auch unter den in Rom berühmt gewordenen Pseudo- künstlern deuten die von Martial genannten Niesen Masthlion und Linus (Lpi'xr. v, 12.), der geschickte Agathinus (IX, 39.) und der von PliniuS dem Aeltcrn erwähnte herkulische Athanatus (Naturgesch. VII, 19.), durch ihre Namen entschieden auf griechischen Ursprung hin. In der späteren Zeit waren vorzüglich die verweichlichten griechischen Eolonien Kleinasiens jenem Gewerbe hold, wie Mytilene, CyzikuS und Antiochia. Uebrigenö werden wol auch die Griechen in dieser Hinsicht Schüler ägyptischer, besonders auch indischer Meister gewesen sein. Bei diesen standen die gymnastischen Künste von jeher in großem Ansehen, bildeten die Gaukler eine besondere Unlerabtheilung einer Kaste, und wenn daher Aelian (Var. ni8t. VIII, 7. Vergl. Juvenals Sat. VI, ö82.) in seiner Beschreibung der Hochzeit Alexanders von Macedonien in P^rsepolis