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daß, wenn wir uns seit der Reformation einseitig entwickelt haben, damit nicht ge- sagt ist, daß uns eine andere Seite der Entwickelung, die politische, verschlossen ist. Wir theilen diese Meinung: möchte der helle wackre Geist, der aus dem Buche spricht, wirken können, daß sie von immer weiteren Kreisen getheilt wird. Der erste Band geht bis aus die Zeit unmittelbar vor Friedrich dem Großen, der zweite und letzte soll die Geschichte bis ans die letzten Jahre fortführen. Wir kommen nach Erscheinen des Ganzen ausführlich auf das Werk zurück. —
Das deutsche Theater der Gegenwart. Ein Beitrag zur Würdigung der Zustände. 2 Bände. Mainz, C. G. Kunze. — Das Buch kann in gewissem Sinne als eine Fortsetzung der leider noch immer nicht vollendeten Geschichte der deutschen Schauspielkunst von Eduard Dcvrient gelten, dem es auch gewidmet ist. Es gibt eine gute Uebersicht über die innere und die äußere Lage der stehenden deutschen Bühnen, über die Wandetrruppen und die Tivolithcater, bespricht dann die Schauspielkunst als solche, geht hierauf zu einer Betrachtung des Theaters in seinem Verhältniß zur Literatur, zum Staat, zum Christenthum uud zur Gesellschaft über, sagt dann einiges über Theaterkritik nnd spricht schließlich von dem Bilde, welches es sich von der Zukunft unserer deutschen Bühue macht. Der Versasser ist der Meinung — und wer wollte dies bestrciten? — daß unsere Theater tief herabgekonnncn, daß sie voll Schäden und Gebrechen, daß sie weiter wie je- mals von dem Ideale entfernt sind, welches Schiller von der Bühne aufstellte. Er setzt diesen beklagcnswerthen Znstand mit Sachkcnntniß und mit einem sittlichen Ernst auseinander, vor dem man Achtung haben muß. Die Mittel aber, welche er zur Reform vorschlägt, sind nicht glücklich gewählt. Die Bühnen sollen der Privatspccnlation entzogen werden, sie sollen in die Reihe der aus öffentlichen Mitteln erhaltenen Bildungsanstalten anfgenommen, gleich Gymnasien und Universitäten der Oberaussicht und Leitung der Cultusministericn unterstellt werden und dergleichen mehr. Als ob es uns an Bevormundung fehlte, und als ob sich die Erhebung unserer Theater zum Ideal vctrvyiren, als ob sie sich überhaupt aus dem vvrgcschlagcneu Wege anders erreichen ließe, als unter der Voraussetzung auch idealer Kultusministerien'. Nicht die Bühnen tragen die Schuld, daß sie mittelmäßig sind, sondern das Pnblicum, das nicht mehr so tiefes Interesse an dem Leben der Bühne hat^ als zu Lessings und Goethes Zeit, wie es überhaupt nicht mehr so ganz in ästhetischen Fragen ausgeht als damals. Das letztere ist uicht zn beklagen. Unsere Nation hat noch andere Seiten ihrer Natnr zu entwickeln, und ist es hier besser geworden, so wird von selbst eine neue Blüte auch der Buhnenkunst hervortreten.
Jerusalem. Nach eigner Anscliauung und den neuesten Forschungen. Von !>>'. PH. Wvlff. Leipzig, I. I. Weber. — Das Buch ist zunächst für Jerusalems- Pilger, dann auch für Freunde des heiligen Landes und der biblischen Geschichte bestimmt. Der Verfasser ist vor zehn Jahren selbst in Jerusalem gewesen und hat die seit dieser Zeit erschienenen Mittheilungen dorthin gegangener Reisenden sämmtlich gelesen und benutzt. Das System indeß, nach welchem er seine Darstellung eingerichtet hat, ist nicht recht geeignet, ein deutliches, übersichtliches Bild zu liefern, der Stil ist ungleich, bisweilen unschön, häufig sind Dinge, welche kein allgemeines Interesse beanspruchen können, aussührlich, solche, nach denen jeder Reiftnde frei-