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Die französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts.
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liberale Seite in den Vordergrund, und wenn in der glänzenden Reihenfolge bunter Systeme, die Cousin dem überraschten Volk vorführte, ein leitender Ton blieb, so war es der deutsche Pantheismus. Als aber nach der Julirevolution die Philosophen in ten Staatsdienst traten, und der Eklekticismus zur officiellen Philosophie wurde, änderte sich die Sache. Der gefährlichste Feind war nicht mehr die Legitimität, sondern der Socialismus, der sich zum Theil von den Ideen der deutschen Pantheisten zu nähren schien. Mnn kann nicht sagen, daß die neue Philosophie ihren Inhalt änderte, aber sie kehrte eine andere Angriffsseite heraus; sie suchte daö Christenthum besser zu verstehen, sie be­kämpfte den Pantheismus, sie entsagte der deutschen Allianz, ja die Eklekuker, Cousin an der Spitze, nahmen zuweilen gegen ihre alten Verbündeten, die Kantianer und Hegelianer, einen sehr herausfordernden und absprechenden Ton an. Je conservativer indeß die Schule wurde, desto geringer wurde ihre Wir­kung, denn sie verzichtete auf das Werk, das sie zuerst in Angriff genommen, auf die Herstellung eines neuen Glaubens, und kehrte zum alten zurück, für den es bequemere Handhaben gab. Die kulturhistorische Bedeutung der Schule liegt in der Zeit, wo sie liberal war, wo Gent) es als ein Werk des Teufels bezeichnen konnte, daß Cousins Schriften in -100,000 Exemplaren verkauft wurden. Die Naturwissenschaften, die früher durch die philosoplnsche Analyse geleilet wurden, haben sich dem Eklekticismus ganz entzogen; sie nehmen von ihm weder die Methode, noch den Inhalt. Was aber die sittlich politische Gesinnung der Nation betrifft, so hat diese Philosophie wesentlich dazu bei­getragen, die Sache deö fortschreitenden BürgerthumS in einem bestimmten Symbol, einer bestimmten Fahne zu vereinigen; und diese Fahne ist doch die­jenige, von welcher Frankreichs Zukunft hauptsächlich abhängt.

Auch Jouffroy kounte sich den allgemeinen Einwirkungen der Zeit nicht entziehen. Mit der Julirevolution hörte die Aufgabe des Globe auf, die Mit­glieder zerstreuten sich, die einen traten in den Staatsdienst, die ai dern kehrten zu ihren Lehrstühlen zurück. Jouffroy erhielt den Lehrstuhl für die Geschickte der modernen Philosophie, auch eine Stelle am «..'olle^tz äc-1'i-rnLS 1832-Id37 und in der Akademie der Wissenschaften 1833. Mehr und mehr engte er seine Forschung auf die Psychologie und die Beobachtung der Thatsachen ein. Er wurde immer vorsichtiger in seineu Schlüssen, immer abgeneigter gegen einen Uebergriff auf verwandle Gebiete; immer mißtrauischer gegen die historisch ent­wickelte Philosophie.Dennoch muß man die Geschichte der Philosophie studircu, weil sie zeigt, wie die Menschheit nach dem Wahren strebt. Die Menschen denken, auch wo sie wären, ihre Jreen sind geistige Thatsachen, und in diesem Sinn niemals falsch. liegt Wahres im Falschen, Vernunft im Irrthum. Nur ist die volle Wahrheit nirgend: man nähert sich ihr,, indem man alles combinirt, was der menschliche Geist in den verschiedenen Phasen seiner Ent-