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Die französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts.
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glaubte. Er ging von Zeit zu Zeit in CousinS Vorlesungen, um sich über den neuesten Stand der Schule zu unterrichten, aber er erwartete von ihnen keine Lösung seiner Fragen.Ich überzeugte mich zuletzt, daß ich nur das wahr­haft begriff, was ich selbst gefunden; ich verlor allen Glauben an den über­lieferten Unterricht, und habe diese Meinung noch heute nicht geändert." Diese beständige Jsolirung gab seinem Geist jene melancholische Färbung, die weit entfernt, den Ernst seiner Untersuchungen zu beeinträchtigen, das Interesse seiner Schriften erhöht. Er glaubte alles Unglück der gegenwärtigen Zeit aus dem Fall der alten Religion und der unbestimmten Erwartung einer neuen herzuleiten. Aber er blieb bei dem Bedauern nicht stehen, er beschloß, sich durchzuarbeiten und Gewißheit zu suchen. Die Wahrheit der Dinge hängt von der Beschaffenheit unsers Bewußtseins ab. Diese muß zunächst gründlich geprüft werden, wenn man sich die Welt klar machen will. Die Thatsachen des Bewußtseins, aufmerksam studirt, geben nie etwas absolut Falsches; der Irrthum liegt nur darin, sie zu vereinzeln und zu verallgemeinern. So ist eS auch mit den Systemen der Philosophie. Sie enthalten durchweg ein Frag­ment der Wahrheit und können nur ruhig gewürdigt werden, wenn man sie durch die Beobachtung der eigenen Seele contrvlirt. In diesen psychologischen Boruntersuchungen ging Jouffroy so weit, daß, wenn es zum Endresultate kommen sollte, er scheu zurückwich. Die Nechtschaffenheit seiner Natur bestimmte ihn stets, was er nicht wußte, offen einzugestehen, und so wich er in seinen Schlüssen sehr weit von der freudigen Zuversicht der' übrigen Schulen ab.Ich begreife nicht, wie man beweisen will, daß der Geist die Dinge so sieht, wie sie wirklich sind. Die Wahrheit des menschlichen Bewußtseins durch dieses Bewußtsein selbst zu erörtern, ist zu allen Zeilen unmöglich gewesen und wird es ewig bleiben. Der Socialismus ist unwiderleglich, weil er das letzte Wort der Vernunft über sich selbst ist." Eousin verstand unter Philosophie nach Art der Deutschen den Inbegriff aller Wissenschaften, für Jouffroy war sie eine besondere Wissenschaft in der Reihe der übrigen. Weil man versäumt, die psychologische Grundlage der Logik festzustellen, sei die Philosophie aus einem Irrthum in den andern versallen. Die Vorwürfe, daß er sich mit den Vor­untersuchungen zu lange aufhalte, irrten ihn wenig: auch wenn darauf mehr als ein Lebensalter verwundr wäre, wäre daS Opfer nicht zu groß. In der That hat diese langsame Arbeit ihre Früchte getragen. Seine Einleitung in die Psychologie (Vorrede zu den Werken Dugalo Stewart's, -I82K) ist ein blei­bender Gewinn für die Wissenschaft, wenn auch die schwerfällige Form sie auf einen kleinen Kreis von Lesern beschränkt, und wenn in der Beschreibung der psychologischen Thalsachen durch die Unbestimmtheit der Ausdrücke manche Schattenbilder geblieben sind, z. B. daö in der Geschichte der Philosophie längst überwundene Di»g-an-sich (vaö Subjcct als unabhängig von seinen Präbi-