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aber zum Stäbe und in die irregulären Corps 2229 abcommandirt, so daß nicht mehr als 2233 für die reguläre Armee bleiben, oder einer aus 93 Mann, ein Verhältniß, das selbst in Friedcnszeiten in einer europäischen Armee ungenügend wäre, geschweige denn in einem Heere, das so zusammengesetzt ist wie das ostindische. Und nicht blos in den Fcldzügen in Afghanistan und im Pcndschab ist es vorgekommen, daß Sipoyregimcntcr nicht einmal mit einem europäischen Offizier an der Spitze jeder Compagnie haben ausrücken können, sondern auch in Friedenszeiten, denn der wirkliche Abgang an Offizieren ist noch größer als die Listen zeigen. Wer von den Offizieren Talente und Energie zeigt, wird sehr bald mit Beibehaltung seiner militärischen Stellung und seines militärischen Ranges im Civildicnst, im diplomatischen und dem höhern Vcrwaltungsfache verwendet und der Armee ganz entfremdet, so daß zuletzt nur die geistig und körperlich Unbrauchbaren bei den Regimentern verbleiben. Daß aber mit untüchtigen europäischen und unzufriedenen eingebornen Offizieren in die Truppen kein fester Halt kommen kann, versteht sich von selbst.
Die bengalische Armee, von der die Meuterei ausgegangen ist, und aus die sie sich auch bis jetzt fast ganz beschränkt hat, leidet noch an einem besonderen Uebelstand. Man weiß nicht, was zuerst in ihr der Idee Geltung verschafft hat, daß Männer von vornehmer Kaste bessere Soldaten abgeben, als Mitglieder der niedern Kasten, nnd daß es unthunlich sei, Soldaten aus dem Paradeplatz miteinander in Reihe und Glied zu stellen, die im alltäglichen Leben nicht miteinander verkehren dürfen, Dieses Vorurtheil ist bei der Recrutirung der bengalischen Armee seit 20—30 Iah-, ren maßgebend gewesen, und ihm hat man es zu verdanken, daß von ihren 80,000 Mann gegenwärtig über L2.000 Radschputcn und Brammen sind, und 12,000 Muhammedaner, die hinsichtlich der Subordination mit ihnen aus einer Stuse stehn. Den niedern Kasten gehört nur der noch übrige kleine Rest an. Der den vornehmen Kasten angehörigc Hindu ist aber der Sklave von tausend Bedenklichreiten, denen der Augehörige der niedern Kasten nicht ausgesetzt ist. Er kaun dieses nicht essen, und will jenes nicht trinken; zu Schiffe über See zu gehn widerstreitet seiner Religion, und Schanzen nnd Lausgrabenanlegen betrachtet er, wie sich das bei der Belagerung von Mnltan gezeigt hat, als eine Schmach, die schlimmer ist als der Tod. Der Paria kennt solche Schwächen nicht. Er geht hin, wohin er befohlen wird, und thut alles, was man von ihm verlangt; und im feindlichen Feuer zeigt er dieselbe Kaltblütigkeit und denselben Muth, wie der stolzeste Radschpute oder Bräunn. Die Sipoys, mit denen Clive und Coote, und später Wellington ihre glänzenden Siege erfochten, waren vorwiegend den niedern Kasten entnommen; die bengalische Armee, die theils in offner Meuterei sich befindet, theils auscinander- gelausen ist, besteht, wie wir oben gesehen, vorwiegend aus deu höhern Kasten.
Die Beschreibung des Krankheitszustands der englisch-ostindischen Armee, die wir versucht haben, zeigt zugleich die Heilmittel, die ihm abhelfen können. Dies können nur in einer Rückkehr zu dem alten Brauch bestehen, welcher dem Eingebornen die Reihen des Offiziercorps bis zu dessen höchsten Stufen öffnet, oder in einer vollständigen Auflösung des eingebornen Offiziercorps und in einem Ersatz desselben durch Europäer. Außerdem wird sich die Armee selbst wieder wie früher, und vielleicht in noch ausgedehntcrem Maße, aus den niedern Ständen recrutiren, die von Gvenzboten. III. -I8Ü7. Zg