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weisen, deren Urheber eigentlich Kandidaten für das Zuchthaus sind. Damit aber die „Speculation" an und für sich verurtheilen, heißt noch mehr als daS Kind mit dem Bade ausschütten. Ohne kaufmännische und gewerbliche Speculation, die so wenig Betrug zu sein braucht, wie jede einzelne Verkehrshandlung nicht nothwendigerweise auf Uebervortheilung zurückgeführt werden darf, ohne solche Speculation würden Verkehr und Production bald genug erlahmen, zur größten Beschwerde für alle Consumenten. — Trotz dieser und mancher anderer Ausstellungen ist das Buch doch jedenfalls lesbar und interessant genug.
Ein Voltairianer des 19. Jahrhunderts.
In der poetischen Schule der Restauration, welche deu ClassiciSmus der französischen Akademie und die conventionelle Form der Kaiserzeit bekämpfte, muß man zwei sehr verschiedene Momente unterscheiden. Während die einen Dichter sich bemühten, dem Herzen zu seinem Recht zu verhelfen, die Nation mit den Freuden des Glaubens, des Enthusiasmus, der Begeisterung zu durchdringen und so jenen Mechanismus des mathematischen Nützlichkeitssystems zu durchbrechen, welchen Napoleon ausschließlich gelten ließ, bekämpften andere denselben Feind durch die Waffe der Ironie, welche Voltaire zu andern Zwecken so glücklich gehandhabt hatte. Dort finden wir Chateaubriand, Frau v. Stael, Lamartine, hier Nodier, Mvrim^e und den Schriftsteller, der uns heute beschäftigt.' Trotz deS Widerspruchs in den Motiven kamen beide Gruppen in ihrem Zweck überein, und der Dichter, dessen Porträt wir vor einiger Zeit gegeben haben, Alfred de Müsset, zeigt, daß sie sich zuweilen auch in derselben Individualität vereinigen können.
Beyle hat während seines Lebens ebensowenig Anklang gefunden, als sein nächster Vorgänger Delatouche. Er wußte es und fand es sehr begreiflich, denn daS Verständniß sei nur für wenige Auserwählte. Einen seiner Romane widmete er tc> tue Kapp? fe^. Aber glücklicher als Delatouche, dem er auch darin glich, daß er gern ein Jncognito suchte (Stendhal war sein gewöhnliches Pseudonym, doch versteckte er sich auch hinter viele andere Namen, selbst in seinen Briefen, angeblich aus Furcht vor der Polizei), fand er einen kleinen Kreis von Bewunderern, die ihn nach seinem Tode feierten. AlS 1862 seine sämmtlichen Werke herausgegeben wurden, wetteiferte die Presse, ihn als einen der größten Schriftsteller Frankreichs darzustellen. Zum Theil war daS Ca- meraderie, zum Theil natürliche Reaction gegen den Schwulst und das falsche Pathos, mit welchem die Modedichter das Publicum überschüttet hatten. Man