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sehr entschiedene konstitutionelle Gesinnung zn, glauben aber doch nicht, daß dieselbe so leidenschaftlich ist, ihn bei der Besetzung der Verwaltungsstellen ausschließlich zu bestimmen. Die sogenannte konservative Partei klagt beständig über den revolutionären Ursprung der Verfassung; wir müssen ebenso den revolutionären Ursprung des Ministeriums beklagen, denn auch der Sieg über eine durchgeführte Revolution ist ein revolutionärer Act. Auf der andern Seite ist keine Gefahr, daß die Parteiregierung in Preußen so ins Extrem getrieben werden kann, wie in einzelnen kleinen deutschen Staaten, wo das Junkerregiment in dieses Wortes verwegenster Bedeutung zur Wirklichkeit geworden ist. Einmal ist der Staat zu groß und aus zu verschiedenen Elementen zusammengesetzt, sodann ist die alte gute Schule des Beamtenthums noch immer mächtig genug, die Extreme von sich abzuwehren. Ein so verwickelter Staatsmechanismus wie der preußische kann auf die Länge nur durch kundige Hände verwaltet werden, und diese findet man nirgend als im alten Beamtentum. Durch die Cocarde wird aber die Beschaffenheit einer historisch entwickelten Beruföclasse nicht umgeschaffen, und wenn die sogenannte altpreußische Partei im Landtag sehr winzig aussieht, in der Staatsverwaltung bildet sie doch noch die ungeheure Majorität.
Der Gegensatz des Junkerthums gegen das Beamtenthum, dessen Firirung innerhalb der konstitutionellen Verfassung Gneist als das Hinderniß aller gedeihlichen Entwicklung bezeichnet, ist in mancher Beziehung wieder ein großer Vortheil. Der Liberalismus ist aus den Kammern bis aus geringe Reste herausgedrängt; es ist daher zweckmäßig, daß das Beamtenthum und der Landadel Gelegenheit erhalten, ihre Kräfte aneinander zu messen, ihre Einseitigkeiten abzuschleifen und sich gegenseitig zu cultiviren. Ueberhaupt hat der Landadel in den alten Provinzen, wo der Ackerbau vorherrscht, doch eine größere politische Bedeutung und folglich auch ein größeres Recht, vertreten zu werden, als das vorliegende Werk ihm beimißt. Die Trennung der sogenannten Amts- gentry voll dem Stande ist schwer durchzuführen; die höheren Verwaltungsbeamten und die höhern Militärs standen ihrer ganzen Bildung und ihren gesellschaftlichen Beziehungen nach immer im engsten Cvnner mit ihren Vettern vom Lande, und daS Verhalten des Landadels zu den Bauern, des Lieutenants zu seinen Necruten war im Wesentlichen eine Fortsetzung und Erweiterung der alten ritterschaftlichen Beziehungen. Der Uebelstand liegt also nicht darin, daß dem Landadel in der neuen Verfassung ein so großer Raum gegeben ist, sondern darin, daß er sich durch die Revolution zu einem antirevolutionären, d. h. antiliberalen, Fanatismus hat hinreißen lassen. Wenn es aber eine Möglichkeit gibt, diesen Fanatismus zu mäßigen, ihn durch politische Bildung und Einsicht allmälig auf die concrete Natur der Dinge aufmerksam zu machen, so ist es daS parlamentarische Leben. Der gegenwärtige WahlmoduS ist gewiß