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Calderon.
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Schauspiele, deren Inhalt sich an ältere Romane und Gedichte schließt; mv- tho'logische Festspiele, worin die Mythen nnd Fabeln des Alterthums benutzt und umgebildet sind; burleske Travestien ernster Schauspiele; syml'vlischc Schau­spiele; geistliche Schauspiele; Dramen aus der Heiligenlegende. Man könnte gegen diese Eintheilung, die nicht grade auf deu Kern der Sache eingeht, Manches einwenden; da man indeß schwerlich nach einem innerlichen Princip diese 108 Dramen vollständig rulnieiren könnte, so ist es am Ende am zweck­mäßigsten gewesen, den Eintheilungögrund von äußerlichen Kennzeichen zu entnehmen, weil diese zuerst in die Angen fallen und man sich nach ihnen am bequemsten orientiren kann. Von jedem Stück oder wenigstens von den meisten wird dann summarisch der Inhalt angegeben, die Ausgabe und dem­nach die muthmaßliche Zeit der Entstehung festgestellt, einzelne dunkle Stellen erläutert, auf die Beziehungen zum wirklichen Lcben Spaniens, wenn auch sparsam, aufmerksam gemacht; hin und wieder gibt der Verfasser auch ein Urtheil in ästhetischer oder moralischer Beziehung, obgleich er auf diese Ncben- bcmerkungen nur ein geringes Gewicht legt. Wir benutzen diese Gelegenheit, um unsererseits einige Bemerkung«.'!! über den Dichter hinzuzufügen. Er ver­dient in doppelter Beziehung unser Studium, einmal als eine der interessan­testen Erscheinungen in der allgemeinen Culturgeschichte, als charakteristisch für sein Volk und für seine Zeit, bann aber als ein wichtiges Ferment unserer eignen deutschen Entwicklung.

Die maßlose Bewunderung, mit der man den neuentdeckten Dichter zu Ansang dieses Jahrhunderts bei uns begrüßte, muß uns um so mehr in Er­staunen setzen, da sie von den gebildetsten Männern unserer Nation ausgeht, und da sie sich an Dinge heftet, die gewiß keine Bewunderung verdienen. Die größte Begeisterung erregte damalsder standhafte Prinz". Man begreift diese Begeisterung bei den Jüngern der Nomantik, den Feinden des Prote­stantismus und der Philosophie, aber man wird außer Fassung gesetzt, wenn man sie auch bei Goethe antrifft, dem entschiedensten Feinde jener Richtung- Das Stück enthält in der That einige schöne Deklamationen über die Vater­landsliebe, die Religion, die Aufopferung und dergleichen, wenn man aber die dramatische Faclur betrachlet, so gehört es zu dem Schwächsten, was Calberon geschrieben hat, und uoch schlimmer wild der Eindruck, wenn man den Kern deS Ganzen, die sittliche Gesinnung untersucht. Was die künst­lerische Seite betrifft, so zerfällt das Stück in zwei Partien, die in einem ganz zufälligen Zusammenhang zueinander stehen: in die Aufopferung des Fernando und die Liebeseinfälle der maurischen Prinzessin Phönix. Wir ge­brauchen den Ausdruck Einfälle; denn ob Phönix den Fernando liebt oder Muley, oder ob sie zwischen beiden schwankt, darüber erfährt man nichts Be- . stimmtes. Sie ist in einer Stimmung, die in mancher Beziehung an die