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Stilleben aus der Vergangenheit Hohenzollerns.
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klapperte unaufhörlich die Rätsche, eine hölzerne Maschine, die wie eine Mühle gedreht wurde und mit Klöppeln versehen war, die auf ein Bret schlugen. Die alten Soldaten auf der Schloßwache hielten das Gewehr umgekehrt im Arme, in der Kirche wurde vom Morgen bis in die Nacht gebetet, und in den Gassen wars wie ausgefegt; die Kinder wurden im Hause gehalten und alleS was Geräusch machte, wurde vermieden. Desto lauter war aber die Freude, wenn Samstags beim Allelluja die Glocken zusammenklangen, die Klingel am Altar hell einstimmte und die Buben mit dem geweihten Holze durch daS Städtchen rannten und die blitzabwendenden Scheite in den Häusern vertheil­ten. Am Ostertage war die Kirche hell und glänzend aus ihrer schwarzen Verhüllung geschält; auf dem Hochaltare stand das Osterlamm mit der Sieges­fahne und davor die prächtigen blumenbesteckten, von bunten Eiern umge­benen Schinken. Die Lämmer aus Butter geformt, mit feiner Wolle von demselben Material kunstreich überkleidet, auf einem Unterfatz von gehackten frischen grünen Kräutern, hartgesottenen Eiern, welche in Gelb und Weiß mit Grün untermischt, mustvische Schnörkel bildeten; alle diese Speisen, deren schönste und bunteste aus dem Schlosse kamen, wurden vor dem Hochamte geweiht und mit Andacht von Mägden und Kindern heimgetragen.

Der Fürst hielt große Tafel mit seinen höhern Beamten und der Geist­lichkeit, wobei die geweihten Gerichte aufgetragen wurden. Am Montag fand das Eierlesen statt; ein Bursche hatte die Aufgabe, eine Anzahl Eier, die in einer langen Reihe lagen, auf- und abrennend in einen Korb zu sammeln, während ein anderer eine gewisse Wegstrecke durchlaufend auf den Festplatz zurückkehren mußte; wer seine Aufgabe zuerst löste, war Sieger, und erhielt die Eier, die zu ungeheuren Kuchen verbacken wurden, an denen sämmtliche Jugend Theil nahm. Jetzt findet sich diese FrühlingSfeier nur noch hin und wieder, auf eineck entlegenen Dorfe. Das Jahresfest eines Heiligen, von ziemlich neuem Datum, der ein BürgerSkind aus dem Städtchen war, als Kapuziner die reformirten Graubündner zur wahren Kirche zurückführen wollte, und von ihnen erschlagen wurde, bot gleichfalls Veranlassung zu großen Feierlichkeiten. Am Vorabend wurde statt der Abendglocke aus allen Kräften eine Viertelstunve lang zusammengeläutet, und dann aus Feldstücken und Böllern geschossen, daß Feld und Wald erdröhnte. Mit Anbruch des Tages wiederholte sich Geläute und Geschützesdonner und von allen Seiten strömte das Landvolk herbei. Irgend ein ausgezeichneter Kanzelredner wurde von dem Fürsten von weitem her zur Verherrlichung dieses großen TageS eingeladen, um die Predigt ab­zuhalten und dem Volke das Glück zu preisen, einen so heiligen Mitbürger zu besitzen. Die Wiege des Heiligen stand in einem Schranke der Kirche, wo sie von Hunderten von Frauen und Kindern berührt wurde. Erstere hielten sich den Bogen derselben, der an einer schweren Eisenkette befestigt war, über den Kops,