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auch der Hofzwerg nicht fehlen durste; ein kretinenhaftes Geschöpf, das der leutselige Fürst aus der Auxrhahnenbalz im Schwarzwalde aufgesunden hatte, und dem für gute Pflege nichts weiter oblag, als den Schloßhos von Gras zu säubern, der fürstlichen Windbüchse als Zielscheibe zu dienen, und sich ge-^ waltig jämmerlich zu geberden, wenn er etwa von einem harmlosen Geschosse, Wachskügelchen, welche der Fürst aus Tropfwachs drehte, getroffen wurde. Zuweilen gab es auch einen Kampf zwischen dem kleinen Bartolo und dein krummbeinigen Pfeiserpaule, damaligen Lampenputzer, um die Gunst einer schmutzigen Spülmagd, oder der alte Leutnant, lustiger Rath und ständiger Gast an der fürstlichen Tafel wußte dem Kleinen etwas auszubinden.
Was der tägliche Besuch der Messe, die Conserenzen mit dem alten Kanzler in dessen Behausung, die Spaziergänge, Parkfahrten, Jagdzüge, Spielstunden an Zeit übrig ließen, wurde durch verschiedene andere Kurzweil ausgefüllt. Da zogen aus aller Herrn Länder Komödianten, Schnurranten, Kunstreiter, Seiltänzer, Taschenspieler und anderes fahrendes Volk herbei und fanden stets geneigte Aufnahme, die sich bis auf die Affen- und Bärenführer erstreckte. Während mehrern Wintern war das Theater in dem großen Ahnensaale aufgestellt und die! kozebueschen Nitterstücke nahmen sich in dieser eisengepanzerten bärtigen Umgebung gar seltsam aus. Das Orchester bei den Singspielen bildeten 'einige Geistliche, Beamte und Schloßdiener, die Sonntags auch bei der Kirchenmusik thätig waren, und es gewährte dem guten Herrn ein eignes Vergnügen, in der ersten Reihe sitzend mit jedermann zu verkehren>- und die Zuschauer musternd sich von dem regen Antheil zu.üherzeugen^ den seine Unterthanen, von nah und fern an diesen härmlosen Schaustellungen nahmen. Auch die Faschingszeit, in welcher. bei Tage gespielt wurde,,, um nichts zu versäumen, da in den Abendstunden die Maskensreude erst recht begann, war ein Ereigniß für das kleine Reich, dessen Angehörige sich alle bestrebten, einander an Tollheit und Ungebundenheil zu überbieten. Vom Feste der heiligen drei Könige an bis zum Aschermittwoch hörte Tanz und Lustbarkeit nicht mehr auf: da gab es die sogenannten Brudertage, wo die verschiedenen Zünfte ihre Jahresseier mit Gottesdienst, Mahlzeit und Tanz begingen, da gab eS Hochzeiten, die beinahe alle in den Winter fielen, da man in.den übrigen Jahreszeiten, während der Feldarbeit nicht so leicht Muße dazu findet^ bis mit dem Donnerstag vorHastnacht daS Maskenlaufen mit dem zwölften Glocken-^ schlage begann und bis tief in die Nacht hinein fortdauerte. Jede anständige Maske sand im Schlosse Zutritt ,und durste beim Tafelzimmer oder beim Billard ihre Späße anbringen, und Abends besuchte der Fürst mit seinem kleinen Gefolge die Tanzböden der Reihe nach. Am Montag, nachdem die Sonntags- seier allenthalben mit Tanz beschlossen worden, erneute sich^ der jMaökenjnbel, der am Dienstag-seine höchste^ Spitze erreichte. Kaum war die/ Morgenmesse