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Die schwedische Kirche.
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und verlangten schließlich, daß die Baptisten nur mit ja oder nein antworten sollten. Die Conserenz hatte kein Resultat, beide Theile schrieben sich den Sieg zu. Die lutherischen Kanzeln aber ertönten von donnernden Reden gegen die Baptisten, welche gleichwol von der Staatskirche nur in der Lehre von der Taufe sich trennen, das Abendmahl nehmen sie wie die Lutheraner mit Ausnahme der Anhänger Vibergs, welche der reformirten Lehre vom Abendmahl folgen.

Die Baptistenkirchen sind die einzigen unabhängigen Kirchen, welche aus der Reformbewegung in Schweden hervorgegangen sind. Freilich wird es ihnen schwer, diese Unabhängigkeit mit dem Kirchengesetz zu vereinigen. Nach diesem Gesetz kann kein Lutheraner verheirathet werden, der nicht im Laufe des Jahres in der Staatskirche zum Abendmahl gegangen ist. Da die Bap­tisten dieser Vorschrift nicht genügen können und da die Civilehe in Schweden nicht eingeführt ist, so schließen die Verlobten einen Contract und der Prediger ihrer Gemeinde segnet ihre Verbindung. Nach dem schwedischen Gesetz bleiben sie nur Verlobte, aber nach demselben Gesetz muß jeder, dem seine Verlobte ein Kind geboren hat, dieselbe sofort heirathen. Daher geht die baptistische Frau nach der Geburt ihres ersten Kindes zum Gericht, zeigt den Contract, nach welchem ihr Mann gesetzlich ihr Verlobter ist, und obwol kein Staats­geistlicher sie mit ihrem Manne copuliren kann, ist doch das Gericht genöthigt, ihre Ehe anzuerkennen. So erwirbt die Frau die Rechte einer Mutter, ihre Kinder werden legitim und es greift eine Art Civilehe Platz. Sind freilich Kinder nicht vorhanden, so verliert die Frau jedes Mittel, ihre Ehe consta- tiren zu lassen und bleibt jedes Eherechtes beraubt.

Was aber svwol dem Christenthum derErweckung" als dem osficiellen Kirchenthum fehlt, das ist die lebendige Anschauung des Christenthums und der wissenschaftliche Geist. Man klammert sich hartnäckig an irgend eine ein­zelne Stelle der heiligen Schrift, welche die Lehre, die man vertheidigt, unter­stützt. Von einer geistigen Auffassung und Durchdringung des Evangeliums ist nirgend die Rede. So dient die Bibel sowol den Baptisten als den Orthodoxen; beide finden in derselben die Verurtheilung ihrer Gegner. Daher hat das ge­bildete Publicum ebensowenig Interesse sür das offizielle Christenthum als für das Christenthum derErweckung", das seinen Bedürfnissen keineswegs ent­spricht, und es zählt die ,,Erweckung" ihre Anhänger hauptsächlich in den niedern Ständen der Gesellschaft und in der ländlichen Bevölkerung.

Inzwischen verfolgt die lutherische Staatökirche die Andersgläubigen auf das hartnäckigste. Vor drei Jahren erließ der Reichstag ein vom Könige sanctionirtes Gesetz, nach welchem jeder Laie, der das Abendmahl austheilt, und jeder Lutheraner, der dasselbe aus der Hand eines Laien empfängt, als Kirchenschänder bestrast wird. Ist ein solches Vergehen an einem Sonntag begangen, so ersolgt noch eine besondere Strafewegen Sabbathschändung".