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Bilder aus Italien. 1. : Bettler und Mönche.
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nicht nöthig, wie der Nachfolger Petri, allein zu speisen. Sämmtliche Tobias- hündlein deS Quartiers leisten ihm Gesellschaft, will er ja einmal um deS guten Verdienstes willen das heimische Mittagsmahl und die stärkende Siesta opfern. Lieber aber reitet er Mittags nach Hause. Unter dem schattigen Vor­sprung des ohnlängst noch von Peter Cornelius bewohnten Eckhauses der Via Sistina steht Pepes grauweißes, schmuckes Eselein und harrt geduldig seines Reiters. ES ist wohlgenährt und trägt den glücklichen Bettler trabend durch die Straßen Roms, nicht minder stolz auf seine nach allen Seiten Grüße spendende und empfangende Bürde, als es der Pony sein mag, auf wel­chem James von Rothschild Abends aus der City nach seinem Landhause hinaüSreitet. Häufig schließt sich ein blindes Paar dem heimkehrenden Pepe an, ein Alter und ein Mädchen, die in der Nähe der Eselsstation ihren Bettelerwerb haben und denen der Schwanz des Grauthiers zum Ariadne­faden in dem Labyrinth deö römischen Volksviertels dient. Man würbe dem Reiter indessen Unrecht thun, wenn man ihm seine Ritterschaft als Hochmuth oder Ueberhebung auslegte. Er ist verkrüppelt und durchaus der Fähigkeit beraubt, sich seiner Beine anders als rutschend zu bedienen. Hierin hat erö freilich zu einer so großen Fertigkeit gebracht, daß ihm auf seiner Station trotz der Breite des Treppenabsatzes so leicht kein Forestiere entgeht und finge die­ser eS auch noch so schlau an, ungesehen und ungegrüßt an dem freundlichen Zöllner vorüberzuschlüpsen. Denn seine Art zu grüßen hat etwaö von jenem geheimnißvollen Zauber, um dessentwillen Held Ulysses seine Ohren mit Wachs verstopfte. lZuori Aorno, SiKnore! Ja, Hunderte sprechenö täglich auö und lernen doch nicht den Klang hineinlegen, der in Pepes Munde sich sofort klingend verwerthet. Wenn er den schön geputzten Töchtern Albions bei hei­term Wetter ein fröhliches bvl tewpo, Sixnorel zuruft, so scheint die Sonne für die nächsten zwei Minuten noch einmal so lustig als zuvor, und während dieser zwei Minuten öffnet sich Manches Portemonnaie,, das bei zehn voraus­gegangenen Anreden geschlossen blieb. So mächtig ist die Wirkung, daß viele Bewohner des eleganten Viertels, um nur nicht täglich in die Tasche greisen zu müssen, sich von Zeit zu Zeit durch runde Summen frei kaufen. Von der Macht, welche Pepe über Herz und Börse der ihm nahe Kommenden ausübt, hat er übrigens selbst ein zu sicheres Bewußtsein, um nicht durch Bescheiden­heit diese unumschränkte Herrschaft weise zu zügeln. Er wird nie zweimal grüßen, wenn er daö erste Mal seinen Zweck erreichte, oder er wird in einer Weise grüßen, daß der Geber sich im Stillen sagen muß: im Grunde läßt sich doch nirgend Geld besser anlegen. Hat er irgend Gelegenheit, so kehrt er auch den Gefälligen heraus und sucht sich Andere zu verpflichten. Hierzu bietet namentlich der Sonntagnachmittag Veranlassung. Um fünf Uhr ist Nonnengesang. Zwar steht man die schönen Abgeschiedenen nicht, ein