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der mit derselben gleichzeitig verliehenen Grundrechte. Dieser Emancipationsact des Jahres 183t) war nicht so leicht rückgängig zu machen, wie etwa die Verfassung selbst und Emancipationen anderer Art.
Mögen nun immerhin spätere tief bedauerliche Ereignisse aus deu Abschluß des Concordats bezüglich der dem römischen Stuhle gegenüber eingehaltenen Largesse maßgebenden Einfluß genommen haben, so scheint uns doch diese Largesse iudircct nicht ganz gegen das Interesse der guten Sache unsers Jahrhunderts. Katholisch ist in Oestreich ein äußerst dehnbarer Begriff. Wo der Katholicismus auswärts Beengung erleidet, nimmt er orthodoxe, zum Theil zelotische Formen an, zumeist aus politischer Opposition. Man stellt sich ans den kirchlichen Standpunkt, nm von diesem minder antastbaren Jsolirstuhl aus politisch zu agitiren. Irland, selbst das preußische Rheinland geben uns dafür Beweise.
In Oestreich dagegen hat das bisherige System, die strenge Bevormundung der Kir- chensürsten, nicht der Katholiken, Zustände gezeugt, welche der römischen Kirche und den Römlingen in Oestreich schwer besiegbaren Widerstand leisten; wir meinen einen totalen religiösen Judifferentismus, welcher sich in der wichtigsten Gesellschaftsschichtc, in dem gebildeten Mittelstande, beinahe ohne Ausnahme geltend macht.
Wir begegnen im Hochadel Katholiken festgepanzertcn Glaubens, welche dem Herrgott mjt Zuversicht zumuthen, er wisse Unterschiede zu machen zwischen Graf und Bürger; diese Classe Katholiken hält den Segen eines Kirchcnfürsten natürlich für vornehmer, als den Segensspruch eines gemeinen Kaplans. Diese Gläubigen begrüßten das Concordat mit Freudigkeit, waren sie doch vielleicht dessen Abschluß nicht fremd, an ihnen aber ist durch das Concordat nichts zu bessern, nichts zu verderben, sie sind die nie aussterbenden Bvurbons in Nichtlerncn und Nichtvergessen.
Der tiefen Schicht der Volksmasse, aus welcher wir das Landvolk insbesondere herausheben, wird das Concordat nichts Neues schaffen, nichts zum Schlimmen wenden; das Schullehrerthum lag schon nnter dem josephinischcn System im Argen, und die Volkserziehnng in seinen Händen hat das gute Volk ebenso blind heranwachsen lassen, wie es unter dem Concordat bestellte, nicht minder hungernde Schullehrer thun werden.
Der maßgebende Factor in Glaubenssachen wie in allen Fortschrittsfragen bleibt die Mittelschichte der Gesellschaft, die in städtischen Centralpunkten den geistigen Verkehr vermittelnde. Ob diese durch die Anregungen der frei gewordenen evelviiiii miliuin» aus der heutigen confessionellcn Lethargie aufzurütteln sein möchte, wollen wir vorerst dahingestellt sein lassen, doch deutet die seither kundgegebene Stimmung auf Erfolge im Interesse Roms nimmer hin. Grade in jenen nicht nur religiös, sondern auch politisch indifferenten Kreisen, welche aus Bequemlichkeit jeder Reform abhold, für konservative Stützen der Regierung galten, ohne diese Geltung je thatkräftig zu bethätigen, machte sich der Unmuth über die neue kirchliche Phase bis zur Vernchmlichkeit geltend, während die Gewitzigten, die in den letzten Jahren durch mancherlei Täuschungen gegangen sind, schweigen oder in stiller Schadenfreude dem Aerger jener Konservativen zusahen. Hatte doch auch diese der Fortschritt der sogenannten - Reaction erreicht und an der empfindlichsten Stelle Mnührt/!!'!!^!^'/i^ii-ll^ > hm, n5. z«,W,j!!'«'.? -,Hl^«m ' sj5 Ä.« ' .'i",>'l>j.