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Die großen Wochen des Hauses der preußischen Abgeordneten.
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hingestellt bleibt, doch ist bis jetzt in der' Stimmung der verschiedenen Seiten des Hauses kein den ministeriellen Vorlage» günstiger Umschwung zu bemerken.

Die auswärtigen Fragen treten vor den inneren Interessen, die gegen­wärtig bei uns angeregt sind, zurück. Selbst die Uebergabe der dänischen Antwort, auf deren Inhalt man längst vorbereitet war, ist wenig bemerkt worden; falls die deutschen Großmächte und der Bund sich mit Ernst der Sache der Herzogthümer gegen Dänemark annehmen, wird allerdings die lebhafteste Sympathie dafür sich hier, wie aller Orten, zeigen. Aber nach den in dieser Angelegenheit gemachten Erfahrungen wird eS wirklicher Thaten bedürfen, um das allgemeine Mißtrauen zu heilen. In Betreff Neuenburgs sieht man mit Befriedigung die Eröffnung der Conferenzen und hofft auf ein schnelles und glückliches Ende derselben. Die Abtrennung des Fürstenthums von Preu­ßen, insofern sie mit Ehren geschieht, wird außer einigen der äußersten Par­tisane der Kreuzzeitung gewiß keinen Gegner finden. Sie entlastet uns einer Verbindung, die den einmal bestehenden Verhältnissen nach nicht den Schat­ten eines Vortheils gewährt, wol aber unter Umständen stets ernste Verwick­lungen für Preußen hervorrufen kann.

Oestreich und das Concordat.

Ans Wie». Eine Kritik östreichischer Zustände ist nickt leicht. Der Staats- bau ist noch lange nicht vollendet, und wer möchte verbürgen, das Bisherige sei ><.. blos Vorläufiges und berge die Absicht, früher Begonnenes, vor der Hand als uncmssührbar Erkanntes, dennoch wieder aufzunehmen. Die Erweiterung der Attributionen des ungarischen Gouvernements, den Lombarden gemachte Verhei­ßungen, die Sage von einer analogen Stellung der böhmischen Kronlcindcr, das Aufgeben des bisher repressiven, durchaus vindicativen Systems, welches die eigent­liche Regieruugs- und Organisirungsthätigkeit zumeist absorbirte, deuten auf Heil­sames, dessen Ausführbarkeit wir nicht anzweifeln wollen.

In diesem Oestreich nun gönnen wir der freien katholischen Kirche jene Stel­lung, welche das Concordat ihr einräumt, wir gönnen ihr diese freie Stellung, weil dieser Emancipationsact gleiches Emancipircn anderer christlicher wie nicht­christlicher Culte als unerläßliche Folge voraussetzt, und wir überzeugt sind, der Protestantische Cultus werde demnächst zu voller Freiheit gelangen; zumal Vorgänge in Ungarn die Anbahnung dazu bereits in erfreulicher Weise manifestiren. und selbst der mosaische Cultus seine freie Stellung und mit derselben auch die bürgerliche Gleichstellung seiner Bekenner sich im friedlichsten Wege erobern wird, mag auch letztere immerhin, srüherhin frei gegeben, in neuester Zeitprovisorisch" wieder eingeschränkt worden sein.

Der Abschluß des Cvncvrdats hat im Grunde -unberechtigte Sensation hervor­gerufen; er war die einfache Konsequenz der einst geltenden Märzversassung und