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kräftigt hat, daß, befinden sich wirklich unter den Bestimmungen deS Landrechts solche, die einer Reform bedürftig sind, dieselbe mit Vorsicht, mit Beachtung der tiefeingelebten Gewohnheiten sittlicher Anschauungen des Volkes zu bewirken ist, baß aber ihre rücksichtslose Durchführung im Sinne einer hyperorthodoren, katholistrenden Auffassung des Protestantismus nicht die Sittlichkeit, wol aber ihr Gegentheil fördert und Uebelstände der unheilvollsten Art nach sich zu ziehen droht. —
Die Theilung der Fractionen bei der Abstimmung verdient eine nähere Erwähnung. Die Mehrheit von -173 Stimmen ward gebildet von t9 St. der katholischen Fraction, 2i «der Fr. Patow, 15 des Centrums (ehemals Bethmann-Hollweg), 9 der Fr. Carl^, 20 der Fraction „bei Meser" (die Abgeordneten v. Prittwitz (Bunzlau) und Ulrici gehören ihr an), 16 der Fr. Büchte- mann, 17 der Fr. Arnim; 1 der Fr. Gerlach, 18 „Wilden" (keiner Fr. Angehörigen) und i Polen. Die Minorität von 134 aus 3!? der Fr. Gertach, 19 der Fr. Arnim, 32 der Fr. Büchtemann, 7 der Fr. bei Meser, 1 der Fr. Carl, 2 der Fr. des Centrums, i der Fr. Patow, 27 „Wilden" und den 7 Stimmen der Minister, die zugleich Mitglieder des Hauses sind. Die 3 Fractionen der Linken hielten also mit Ausnahme von 6 Stimmen, wenn auch die Katholiken aus von denen der beiden anderen Fractionen ganz abweichenden Gründen, gegen das Gesetz zusammen. Auf der rechten Seite dagegen zeigte sich eine vollständige Partciauflösung. Die Fraction Gerlach freilich blieb mit Ausnahme einer Stimme geschlossen und für das Gesetz, aber die Fractionen Arnim und Büchtemann fielen gänzlich auseinander und die „bei Meser" trennte sich auch im Verhältniß von 3 zu 1 in gegen und für. Im Ganzen stimmten 63 Abgeordnete aus den Fractionen der Rechten mit Nein, wobei zu berücksichtigen ist, baß die „Wilden", unter denen 18 gegen das Gesetz stimmten, ganz überwiegend der Rechten angehören.
Nach dieser langwierigen und angestrengten Debatte haben die Abgeordneten eine Pause in den Plenarsitzungen gemacht und mehre Tage für die Arbeiten der Commissionen verwendet. Doch für die Mitte der nächsten Woche erwartet man den Beginn der Berathungen über die Finanzvorlagen, die in anderer Art ein nicht geringeres Interesse, als die Ehescheidung bieten. Den Aüfang wird die Häusersteuer machen, welche unter allen dreien die geringste Aussicht auf Annahme hat. Sowol rücksichtlich ihrer als der Salzsteuer lauten die Commissionsanträge ablehnend. Ueber die Gewerbesteuer ist der Bericht noch nicht abgestattet. Außerdem hat die Commission zwar den Antrag deS Abgeordneten' Patow abgelehnt, aber dafür den des Abgeordneten Kühne, in dem die Hauptmomente des patowschen enthalten sind, sich zu eigen gemacht. Inwieweit die Entscheidung des Plenums den Commissionsbeschlüssen entsprechen wird, ist freilich eine Frage, deren Beantwortung am besten da-