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Punkt des Ganzen, der Kopf Gregors, rings umgrenzt, oben von der hoheti Tiara, unten von der reichen Edelsteinagraffe, von den Seiten vom hoch hinaufgehenden Pallium, ist ein wahrer Urtypus allerdings nicht eineS spätrömischen oder italienischen weltklugen geistlichen Herrschers, sondern einer etwas schwerfälligen, aber groß angelegten, unerschütterlich festen und zugleich um den Mund herzliches Wohlwollen verrathenden deutschen Bischofsnatur.
Wenig Jahrzehnte früher, ja von manchem Zeitgenossen Dürers würden diese drei Gestalten einfach nebeneinander, vor einen Teppich oder sonst einen ähnlichen, nahen, gleichförmigen Hinlergrund gestellt sein. Auch hier ist Dürer bereits der frei die Gestalten in große Raumverhältnisfe zeichnende Künstler. Unwillkürlich vertieft sich uns das Bild, und wenig Striche reichen hin, uns diese Menschen als Glieder des ganzen Erdlebens zu charakterisiren. Sie stehen in dem Ende einer schmalen, nach drei Seiten offenen Vorhalle; die Hauptgestalt unter den abschließenden Bogen und weithin verliert sich der Blick auf das Meer und Bergabhänge mit Gebüsch und Ortschaften.
Möchte diese einfache Beschreibung in dem Leser die Lust wecken, die Blätter selbst zu sehen, weiter die Ueberzeugung in ihm fördern, daß es zum Verständniß der Zeichnungen unsers großen Meisters nicht Gelehrsamkeit noch einer besondern Begeisterung für mittelalterlich deutsches, specifisch kirchliches Leben bedarf, sondern zunächst nur einfacher, ruhiger Betrachtung eines für die wahren Naturformen, so wie für den Ausdruck tiefen Gemüthes und durchgebildeter Charaktere empfänglichen Auges! Das wahre Kriterium jedes künstlerischen Werkes, daß, je öfter es betrachtet wird, um so lebendiger und fesselnder es sich zeigt, daß ein erster Eindruck, eine einmal gefundene Pointe nicht daS ganze Interesse verzehrt hat, wird sich an Dürers Compositionen immer bewähren. Aber die Theilnahme des Publicums kann es allein auch ermöglichen, daß Werke, wie das vorliegende, in schöner Begeisterung begonnen, ZU einem würdigen Abschluß geführt werden, daß der Kunsthandel nicht den Muth verliere, den Launen des Tagesgeschmackes ein Werk ernster Größe zu bieten.
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Die Steuervorlagen und die Kammer» in Preußen.
Seit die neuenburger Frage aus dem Stadium der Kriegsgefahr zur großen Befriedigung aller Welt herausgetreten und auf daS Feld diplomatiicher Konferenzen verlegt worden ist, hat sich bei uns daS ganze Interesse der innern Politik zugewendet. Selbst die beiden Häuser unsers Landtags sind aus ihrem vorweihnachtlichen Winterschlafe erwacht und haben bereits verschiedene