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Literatur.
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IW

Wenn dadurch das Buch eine Ausdehnung erhalten hat, die das Gewebe der künst­lerischen Komposition nicht selten zerreißt, so ist der Nachtheil nicht so groß, denn die Schilderung ist interessant genug, nm anch das größere Pnblicum zu fesseln. Einen andern Fehler aber müssen wir rügen: die snbjective Form der. Darstellung. Wir können das um so unbefangener, da wir mit den historisch-politischen Ansichten, welche der Verfasser vertritt, und mit ihrer Anwendung auf die Zeit Heinrichs IV, im Wesentlichen einverstanden sind. Es ist die Wiederaufnahme des Urtheils, in dem vor einem halben Jahrhundert alle Welt einig war, das später durch Sophisten verkehrt wurde. Aber mir glauben, daß Herr Floto eine größere. Ueberzeugung hervorgerufen haben würde, wenn er die Form seines Urtheils ruhiger gehalten hätte. Zndcm liegt jene Subjectivität nicht blos in der Heftigkeit, mit der er seine Ueberzeugungen vertritt, sondern ebenso in der Neigung, den anscheinend trocknen historischen Stoff durch belletristische Zierrathcu aufzuputzen. Diese Form der Darstellung ist nicht unbedingt zn verwerfen, aber nur ein Meister der Sprache kann sie anwenden, und sie setzt außerdem eine allseitige cnlturhistortsche Bildung voraus, die für die Empfindungen der Bewunderung, des Abscheus u. s. w. überall den richtigen Maßstab znr Hand hat, und dadurch vor Extravaganzen bewahrt wird. Für den jüngcrn Schriftsteller ist es aus alle Fälle sicherer, gegen diese Neigung anzukämpfen und sich durchaus iu den Stoff zu vertiefen. Was seiner Darstellung an änficrm Glanz abgeht, wird durch den Eindrnck einer überzeugenden innern Durchbildung mehr als hinreichend ersetzt.

Das Leben Washingtons. Von Washington Jrvtng. Aus dem Englischen von Drugulin. Dritter Band. Leipzig, Lorck. Den Inhalt dieses schönen Werkes haben wir schon bei Gelegenheit der tauchuitzschen Ausgabe be­sprochen. Die Wahl des Buchs für die Sammlungmoderner Geschichtschreiber" ist zweckmäßig und die Ucbersetzung ist genügend.

Justns Möscr. Geschildert von F. Kreyßig. Mit einer Abbildung von Möscrs Denkmal in Osnabrück. Berlin, Nicolai. Möser hat das Schicksal ge­habt, nachdem er lange Zeit hindurch als einer der würdigsten patriotischen Schrift­steller gefeiert war, bei dem herrschenden Liberalismus iu Ungnade zu fallen. Man entdeckte, daß seine Ansichten in vielen der wichtigsten Punkte der Ueberzeugung der Zeit widersprachen, und man wurde noch mehr gegen ihn eingenommen, da die historische Schule, die mit der politischen Reaction Hand in Hand ging, ihn auf den Schild erhob. Es war überhaupt für deu älteren Liberalismus ein großer Nachtheil, daß er sich gegen die historische Schule von vornherein in Opposition setzte. Seine ganze Stellung war auf das praktische Leben gerichtet, und die Männer, die ihn vorzugsweise vertraten, hatten im Stillen die Ueberzeugung, daß die Deutschen sich überhaupt viel zn sehr aus Doctrinen eingelassen hätten. Alle Philosophie und Gelehrsamkeit könne nichts helfen, wenn sie die Entschlossenheit des Willens lähmte. Man war überzeugt, daß durch Savignys tiefere Ergründung der Rechtsgeschichte nicht viel gewonnen sei, wenn man seine Ideen über den gesetz­geberischen Beruf unserer Zeit mit in den Kauf nehmen müsse. Inzwischen ist die Gelehrsamkeit wieder zu Ehren gekommen, und anch der praktische Liberalismus hat eingesehen, daß er gegen seine Gegner im Gebiet der Wissenschaft ebenso