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haben das Andenken an die .kleinen religiösen Vorpostengcfechte aus den ersten vierziger Jnhven fast ganz in Vergessenheit gebracht. Damals aber erregte der Austritt Nupps aus der evangelischen Landeskirche ein bei weitem größeres Aufsehn, als die lichtfreundliche Bewegung in Sachsen, und die geistliche Behörde selbst sprach öffentlich ihren Kummer aus, daß ein Geistlicher von so großen Gaben auf einen so schlimmen Irrweg gerathen sei. In der That ist auch die Richtung, die er seiner neugebildeten Gemeinde zu geben suchte, eine andere, als die Richtung der Gemeinden in Magdeburg, Halle u. s. w. Die letztern gehen im Ganzen genommen von dem Standpunkt des alten Rationalismus aus, der noch vor einigen zwanzig Jahren in den Schulen durchaus, in den Kirchen zum größern Theil der herrschende war. Ihre Bestrebungen waren ursprünglich auf eine Reform der Kirche im Allgemeinen, oder vielmehr auf ein Festhalten der alten Glaubensform gegen die Uebergriffe des Kirchenregiments gerichtet, und wenn sie das preußische Toleranzedict von 18iS benutzten, um außerhalb der bestehenden Kirche unabhängige religiöse Gesellschaften zu gründen, so geschah daS nur in der Aussicht, daß der größere Theil des Volks ihren Ansichten beistimmen und ihrem Beispiel folgen würde. Was das Erstere betrifft, so würde eine genaue statistische Untersuchung sehr schwer sein; das Letztere ist bekanntlich nicht erfolgt. Als Grund geben Uhlich und seine Freunde die Verfolgungen des Kirchcnregiments an. Da indessen diese Verfolgungen hauptsächlich auf polizeiliche Verbote und auf Contra- ventionsstrafen herauskommen, so dürfte man daraus wol den Schluß ziehen, daß das neue Princip in seinen Anhängern kein opferfreudiges Gefühl erweckt; denn ohne ähnliche Verfolgungen hat sich noch keine Reformation Bahn gebrochen.
Wenn bei Uhlich die Form der freien Gemeinde ein xis-allsr war, so betrachtet sie dagegen Rupp als die angemessenste Entwicklung des religiösen Lebens überhaupt. Mit vollem Recht, wenn auch zum grenzenlosen Erstaunen seiner bisherigen Anhänger, verglich er bei seinem Austritt aus- der Kirche daS von ihm beabsichtigte Unternehmen mit der alten Brüdergemeinde. Denn wenn auch seine religiöse Ueberzeugung sehr wesentlich von der jener früheren Pietisten abwich, so war doch die Form, in der er mit seiner Gemeinde „den Herrn suchen" wollte, i.m Grunde die nämliche. Seine Richtung ist der kirchlichen Orthodoxie wie dem Nationalismus gleichmäßig entgegengesetzt, weil sie alle Dogmatik verwirft und durch innere individuelle Fortbildung auf der historischen Grundlage des Evangeliums, aber mit ganz freier Kritik, den neuen christlichen Tempel von unten aus aufbauen will. Rupp tritt seiner Gemeinde nicht als Wissender, sondern als Suchender gegenüber und fordert sie auf, mit ihm gemeinschaftlich zu suchen, wobei es ihm auf die Frömmigkeit d. h. auf
die Läuterung des Gemüths und auf die Erweckung eines religiösen Lebens
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