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dem Ganges gesammelt hatte. Seitdem ist ohne Unterbrechung die Aufmerksamkeit Rußlands auf jene Gegenden hingewendet gewesen. Wenn man russischer- seitö Indien den Briten zu entreißen vermag, dann-das ist heute um vieles klarer, als es vordem jemals gewesen, - wird man nicht nur die im engern Sinne unter dem Orient begriffenen Gebiete, nämlich Vordersten, mit der ganzen Türkei, in den Rücken genommen haben, wonach sie nichts mehr vom Falle retten kann, sondern man wird sich auch, und das will ebensoviel bedeuten, zu ganz Ostasien in derselben vortheilhaften Stellung befinden, die jetzt die Briten inne haben. China und Japan sind dann mit weiten Armen, von einem indischen und sibirischen, umsaßt, und müssen in den großen Landcrkre.s des russischen Weltreiches als nicht mehr vorzuenthallende Supplementstucke hineinfallen.
Die Frage über die Möglichkeit eines russischen Heermarscheö nach Hm- dostan schließt einen Umschwung der Machtzustände der Welt in sich- Man darf dreist behaupten, daß sie mindestens ebenso wichtig ist, wie die über die Geschicke des oSmanischen Reiches, ganz abgesehen davon, daß sie, wie. oben angedeutet wurde, mit derselben in der engsten Verbindung steht. Daß Rußland, in Rücksicht auf seine Lage, im voraus darauf verzichten muß, für den großen Gang zum entscheidenden Zweck die Straße einzuschlagen, d.e der "mcebonische Heros genommen, also von Farsistan aus, an der Seekuste entlang, durch das wüste Gedrosten (Beludschistan) versteht sich von selbst. Außer diesem einen Wege gibt eS aber noch zwei andere, die das westliche Asien mit den Ländern zwischen dem JnduS und Ganges verbinden. Der nördlichere von beiden wird, seiner Hauptrichtung nach, durch den Lauf des Amu Darja (Orus) abgesteckt. Es ist das die große Karavanenbahn durch die chowares- mischen Steppen. Man geht, v.on Rußlanv kommend, von dem Ural- oder Jcukstrom aus. passirt den Truchmenen-Isthmus zwischen dem Aralsee und dem kaspischen Meer und wendet sich nach dem Mittelpunkt der freien Tar- wrei, dem berühmten Chiwa. Von hier geht man am Amu Darja (OruS) entlang, und gewinnt so das nicht weit seitabwärts liegende Buchara. Es ist die Bedeutung dieses Punktes, daß man, hier angekommen, die Hauptschwierigkeiten überwunden hat, und wenn auch noch an verschiedenen Stellen Wüsten zu passiren sind, dennoch in vergleichsweise an Hilfsmitteln reicherer legend sich befindet. Beunruhigend mag eS dennoch sein, wenn man erfährt, daß die in den letzten Jahren von den Russen unternommenen Kriegszüge in Jnnerasien ihre Heerhaufen bis ziemlich in die Nähe dieses Zieles kommen ließen; daß, nach ungewissen Nachrichten, der ostwärts von Buchara gelegene Tartarenstaat Taschkend sich bereits in den Händen der russischen Truppen befindet, und man gerechten Grund zu haben meint, auch für Kokand fürchten in müssen.