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Deutsches Künstlerleben in Rom.
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der Passeggiata, nachdem er eine Stunde seines Morgens schon den Ver­ehrern seiner. Kunstgebilde geopfert hat.

Es ist nicht zu verwundern, daß auch der fünfte Stock jenes Hauses in der Margutta um diese Tagesstunde nicht vor jedem Ueberfall sicher ist. zumal der Name des neuen Ankömmlings mit demjenigen eines jener berühmten Veteranen Aehnlichkeit haberr mag, und bei dem an die Thüre Schreiben desselben in großen Kreidelettern nicht hinzugefügt wurde, welche Sprech­stunden gestattet seien. Ein Amerikaner mit zwei erwachsenen und einer noch wachsenden Tochter verräth denn auch vor dem Hause No. 19. angekommen, die entschiedene Absicht, das Quartier des Dachmenschen zu erklimmen. Nicht nur ist es ihm bei Riedel begegnet, daß derselbe durch sein Schiebfensterchen auf die Straße hinabblickend und die Ueberzähligkeit des Belagerungsheeres gewahrend, nickt geöffnet hat, trotz dreimal wiederholtem Läuten, er findet auch jene erwähnte NamensÄhnlichkeit heraus und vervollständigt seine Ueber­zeugung, hier stehe er vor der rechten Schmiede, durch den Erfahrungssatz, daß man im fünften Stock besser kaufe als im ersten. Somit wird denn nach mancher Erholungspause und nach verschiedenem Naserümpfen über die Un- sauberkeit römischer Treppen, der höchste Stock erreicht und es beginnt ei» Buchstabiren der mikroskopischen Adreßkarten, welche die mancherlei Bewohner desselben ihren Thüren vor die Stirn geklebt haben. Marietta äußert bei dem Näherrücken der Gefahr Bedenken über die Stichhaltigkeit ihres vierbeinigen Vorwerks. Sie rückt unruhig lauschend hin und her und wirft die Lippen un­heilverheißend auf, als der Maler ihr bebeutet, still zu sitzen. Im nämlichen Augenblicke aber wird geklopft und ehe noch der Ueberfallene die Brustwehr des Stuhles durch die Kraft der eignen Schultern widerstandsfähiger machen kann, complimentirt der Mann aus Cincinnati seine Töchter ins Atelier hinein, wo sie unter dem fallenden Lichte stehen bleiben, die jüngste Miß Jonathan eifrig beschäftigt, das Elfenbein ihres Schirmgrisses mit demjenigen ihrer Zähne sich messen zu lassen. Der Vater kneipt inzwischen nach kurzer Begrüßung ein Glas ins rechte Auge, und während die Misses mit mißtrauischen Blicken bald das Seitencabinet, in welchem Marietta ihren Zorn an alten Paletten und, Schachteln austobt, bald den vereinzelten Stuhl, bald die unberufenen Illustrationen deS Uebermuths früherer Bewohner an den Wänden, betrachten, eröffnet der Mann vom großen Salzwasser dem überrumpelten Deutschen, daß er zu einem mäßigen Preise Nehmer für ein mäßig großes Aquarellbild sei, etwa in der Größe wie das Album der jüngsten Miß. ein carmvifinfarbenes Lcderfutteral, welches die Miß mit dem Schirmgriff sofort zur Bekräftigung hervorholt. Obschon der mäßige Preis auch einen Aquarellisten von Fach be­denklich gemacht haben möchte, bleibt doch für den Schöpfer derDankbarkeit" das Anerbieten sowol wie die Production des Albums an und für sich scho"