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halten können. Der vbige kurze historische Abriß wird wol auch unsere Leser davon überzeugt haben, daß daran nicht zu denken ist; ein Wahnsinn, den die Polizei curirt, ist eben nur Betrug und es wird von keiner Convulsionärin erzählt, die vor der Polizei bestanden Härte. Nur von einer heißt es, sie habe sich trotz der Polizeiwachen auf den großen Kirchhof begeben und dort Zuckungen bekommen, aber diese hatte auch prophezeit, sie werde an einem bestimmten Tage verhaftet werden und so geschah es denn auch. Es hält freilich etwas schwer, an die Möglichkeit eines so großartigen Schwindels zu glauben und es liegt im Sprachgebrauch sehr nahe zu sagen, die Menschen müssen verrückt gewesen sein, aber der Glaube an die Möglichkeit eines solchen wirklichen epidemischen Wahnsinns ist noch viel schwieriger. Denn da Geisteskrankheiten auf körperlichen Störungen beruhen, so müßte man zuerst eine Epidemie dieser körperlichen Störungen voraussetzen und dabei gleichzeitig doch noch das geistige Contagium als wirksam denken. Wir wissen aber grade, daß Geisteskranke von äußeren Ideen außerordentlich wenig beeinflußt werden und darin in geradem Gegensatz zu den meisten Gesunden stehen, die ohne eigne Jdeenproduction dem Strome fremder Gedanken folgen. WaS in dieser Hinsicht möglich ist, hat uns das Tischrücken gelehrt; dies war eine Epidemie, wenn man so sagen will, aber nicht von Wahnsinn, sondern von Unsinn; sie ist freilich ziemlich rasch vorübergegangen, weil es an kräftigen Motiven, sie zu erhalten, fehlte; wenn aber religiöse, sexuelle, eitle und pecuniäre Zwecke so, wie bei den pariser Konvulsionen, dabei hätten verfolgt werden können, so wäre man gewiß nicht so leicht damit fertig geworden. Wir warnen deshalb unsere Leser vor dem Glauben an irgend einen epidemischen Wahnsinn, denn jeder, den man schärfer ins Auge faßt, löst sich in einen epidemischen Unsinn auf.
Literatur.
Geologische Bilder, Von Bernhard Cotta, Professor an der Bergakademie zu Freiberg. Leipzig. I. I. Weber -1836. — Die Thatsache, daß in vier Jahren bereits die dritte Auflage der „geologischen Bilder" nöthig geworden ist, überhebt uns jeder weiter» Empfehlung dieses vortrefflichen Buches. Es behandelt in zehn Abschnitten die Entstehung der Erdoberfläche, die Vulkane, die geologischen Wirkungen des Wassers, Schnee und Eis in ihrer geologischen Bedeutung, die Gesteine, woraus die feste Erdkruste besteht, die Architektur der festen Erdkruste, die Entstehung und den Bau der Gebirge, die Erzlagerstätten, die Kohlenlager und die Entstehung des organischen Lebens aus der Erde, mit der lichtvollen und eleganten Darstellung und "der gründlichen Sachkenntniß, für die schon der Name des berühmten Versassers hinlänglich Bürgschaft leistet. Zahlreiche, gut ausgeführte Illustrationen schmücken den Text. —
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig.