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natürlichen Industrie dient. Auch ist die Industrie selbst, von jeder allzunahen Concurrenz befreit, noch weit zurück. Bei vielen Eisenwerken genügen Ar- beits- und Maschinenkräfte bei weitem nicht, um die Nachfrage zu befriedigen. Sie finden es bequem, sich mit den vorhandenen Wasserkräften zu begnügen, weisen Aufträge, die sie zur Ausdehnung ihrer Betriebskräfte nöthigen würden, zurück, und stecken das Geld lieber in die Tasche als in Maschinen. Sie ruhen auf dem bequemen Kissen des Schutzzolls aus und schreien nach höhern Zöllen, wenn fremde Concurrenz sie in ihrem Halbschlummer zu stören droht.
Ganz im Sinne der süddeutschen Staaten und durch sie allein veranlaßt ist der Antrag auf Erhöhung deS Tabakzolls. Zwei Wünsche begegnen sich, um seine Annahme zu fördern, ein politischer und ein finanzieller. Der politische ist, durch Einführung -eines höhern Tabakszolls die Einführung deS Tabakmonopols vorzubereiten, um dadurch eine Zolleinigung mit Oestreich zu ermöglichen, das^ die süddeutschen Staaten nicht als handelspolitisches, sondern als politisches Gegengewicht gegen Preußen zu benutzen wünschen. Der finanzielle , den durch die verkehrte Begünstigung der Nunkelrübenzuckerfabrikation entstandenen Ausfall in den Zollvereinseinnahmen zu ersetzen. Daß der erste Wunsch erfüllt wird, bezweifeln wir sehr, da zwischen hoher Tabaksbesteuerung und Tabaksmonopol ein qualitativer und nicht ein quantitativer Unterschied besteht, und die norddeutschen Staaten gewiß nicht die selbstmörderische Thorheit begehen werden, eine viele Menschen direct und indirect nährende Industrie einer Einrichtung zu opfern, die, so vortheilhaft sie auch für die Staatsfinanzen ist, doch für die Volkswirthschaft und die Moralität gleich nachtheilige Folgen hat. Vorder Hand hat sich Preußen mit mehr als schonender Rücksicht auf die süddeutschen Staaten entschlossen, eine Erhöhung des Eingangszolls auf ausländischen Rohtabak um S0"/<>, und eine entsprechende Besteuerung des im Inland erbauten Tabaks vorzuschlagen. Auch in dieser Gestalt sind noch sehr erhebliche Bedenken gegen diesen Antrag vorgebracht. Die Denkschrift der hannoverschen Tabaksfabrikantenconferenz, bei welcher die Tabccks- industrie Nord- und Süddeutschlands vertreten war, hat alle Nebelstände einer Erhöhung des Zolls ausführlich beleuchtet, und recapitulirt ihre Bedenken in folgenden Sätzen: „Wenn wir nachgewiesen haben, daß durch die Verhandlungen über Erhöhung der Tabaksteuer Verluste an Capital, Arbeit und damit an den Zöllen eintreten müssen, daß diese Verluste sich sehr bald in der Störung des transatlantischen Verkehrs und der diesseitigen allgemeinen Prv- ductivn geltend machen werden, daß von der Erhöhung des Zolles keine Mehreinnahme zu erwarten ist, daß vielmehr der Tabak einer verhältnißmäßig hohen Steuer unterliegt, daß ferner mit dem Versuch einer Erhöhung der letzleren der Laudbau leide», die Jmmoralilät durch den Schmuggel wachsen,